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Dann will ich mich auch mal äußern: (BVB)

Janni, Wildschütz, Montag, 20.02.2017, 23:56 (vor 2593 Tagen) @ Redaktion schwatzgelb.de

Hallo Borussen,

ich habe mich hier und bei anderen sozialen Medien bewusst einige Tage zurück gehalten, ich wollte nicht noch weiter Futter geben. Die letzten Tage waren sehr weit davon entfernt die schönsten meines Lebens zu sein. Sie waren die schlimmsten. Schlaflose Nächte, Existenzängste für mich und meine junge Familie.

Mich traf es wie ein Schlag in der SZ auf einmal meinen Namen zu lesen. Und dann noch von Freddie Röckenhaus, den ich schon zu Uni-Zeiten zu meiner Thesis interviewt habe und bis Dato eigentlich immer einen guten Kontakt zu ihm hatte. Ich habe unglaublichen Respekt vor ihm gehabt, denn ohne seine Arbeit wäre 2004/2005 einiges anders gelaufen - das wissen wir alle und das sollten wir auch nicht vergessen. Freddie und ich haben jetzt nicht vorgehabt gemeinsam in den Urlaub zu fahren, aber wenn wir uns gesehen haben, dann war das Verhältnis schon sehr vertrauensvoll und herzlich. Und dann sowas. Ohne Vorwarnung, er hatte nicht versucht Kontakt mit mir aufzunehmen. Ein journalistisches No-Go eigentlich. Der (erste) Artikel „Machtkampf auf der Südtribüne“, mittlerweile gelöscht, ging zunächst Online am Montagabend und erschien am Tag später dann auch sehr prominent im Print.

Der Montagabend war dann scheiße, so richtig scheiße. Ich habe Stunden mit meinem Anwalt zusammengesessen und auch das direkte Gespräch mit Freddie gesucht. Telefonisch war er nicht zu erreichen, er war gerade in Australien, um, so vermute ich, für ZDF/TerraX irgendwelche Kröten vor die Linse zu bekommen. In der Nacht natürlich überhaupt nicht gepennt und schlichtweg Angst gehabt, was der SZ-Artikel zur Folge hat. Die SZ ist das wichtigste Leitmedium, ergo: was am Dienstag in der SZ steht, steht am Mittwoch in anderen Zeitungen. Mir ging der Arsch auf Grundeis, so richtig. Da ich als selbstständiger arbeite und auch diverse Projekte mit Fußballbezug mache, hatte das Ganze auch eine absolut existenzielle Bedeutung. Wer arbeitet schon mit jemandem zusammen, der für die Ausschreitungen und damit eine gesperrte Süd verantwortlich ist? Puh. Da ich eh nicht schlafen konnte, bin ich am Dienstagmorgen umgehend nach Hamburg gefahren, um dort mit einem renommierten Medienanwalt juristisch gegen den Artikel vorzugehen. Ich habe mich also für die Strategie entschieden, juristisch dagegen vorzugehen und sonst erstmal den Ball in der Öffentlichkeit/im Internet ganz, ganz flach zu halten. Einige - durchaus mit so Situationen erfahrene Personen - rieten mir, in die Gegenöffentlichkeit zu gehen, aber ich glaube letztendlich hätte mich das nur noch mehr in den Fokus gerückt. Ich habe mitbekommen, wie HSV-Fan Jojo Liebnau 2008 medial zerrissen wurde, als er in den HSV-Aufsichtsrat wollte, vor so einer Situation hatte ich viel Bammel. Wer sich dafür interessiert: einfach mal „Jojo Liebnau HSV Aufsichtsrat“ eingeben, es ist unglaublich, was man da findet. 

Parallel dazu hatte ich die ganze Zeit SMS-Kontakt mit Freddie, einen unglaublichen. Ich habe den SMS-Verkehr gerade nochmal gelesen, da wird einem schwindelig. Er schrieb mir, dass er ja nicht suggeriere, sondern nur aufzähle. 

Hier nochmal seine „Aufzählungen“:

„Der Krisenstab in Dortmund hat inzwischen eine Theorie entwickelt, wie es zu den Exzessen kommen konnte, an denen nach Erkenntnissen der Polizei sogar erwachsene BVB-Ultras teilnahmen, die noch zwei Tage vor dem Spiel beim Fernsehsender Sport1 in vermeintlich seriöser Rhetorik ihre Antipathien gegen den Retorten-Klub aus Leipzig ausbreiten durften.“

Ich bin gemeint, denn ich habe am Tag vor dem Spiel Sport1 ein Interview zum Thema RB-Kritik gegeben und da das vorgetragen, was an RB zu kritisieren war (und ist). Allein diese Begriffe „sogar erwachsene“ und „vermeintlich seriöse Rhetorik“ haben ja schon ein „Geschmäckle“. Weiter schreibt er:

„Zu den Anführern dieser neuen, übergreifenden Gruppe gehört auch der als Filmemacher inzwischen bekannt gewordene Jan-Henrik Gruszecki. Er hält nicht nur RB Leipzig für ein Problem, sondern kritisiert auch offen die kommerzielle Marschrichtung des Klubs unter Geschäftsführer Watzke. Dass die Steinwürfe der Ultras, die Watzke am liebsten aus dem Amt haben wollen, nun Dortmunds Chef auf die Füße fallen, zeigt, wie verworren die Zusammenhänge inzwischen sind.“

Die SZ und der Schweizer Tagesanzeiger (bei dem der Artikel nahezu 1:1 auch so hochgeladen wurde) dürfen diese Dinge nun nichtmehr behaupten, da es offenkundig und offensichtlich totaler Blödsinn ist und eben doch suggeriert und nicht bloß aufzählt. Er suggeriert ja eben auch, dass die Steinwürfe stattfanden, um HJW eins auszuwischen. Was ein Blödsinn. Und mich bringt er da irgendwie mit ins Spiel. Der Wahnsinn.

Er schrieb mir, dass er wisse, dass ich nichts geworfen hätte, etc., aber ich war eben vor der Roten Erde und wer vor der Roten Erde war, habe an diesem Exzess teilgenommen. Außerdem sei die Teilnahme an einem Exzess nichts schlimmes und gar strafbares. Daher sei doch alles okay. Und: ich sei eben namentlich genannt worden, weil ich „prominent“ bin; daher mein Rat: haltet Euch zurück mit Statements in der Öffentlichkeit! Egal ob gegen RB oder für sonst etwas, Ticketpreise oder andere, (meiner Meinung nach) positive Dinge. Ich werde das jedenfalls nicht mehr machen. Ich habe mich ja schon häufig medial geäußert - was mir bei vielen in der Szene jetzt auch keine Probs eingebracht hat - aber ich fand es eigentlich immer wichtig (s)einen Standpunkt auch öffentlich zu vertreten.
Das kann einem aber so dermaßen um die Ohren fliegen und das musste ich nun schmerzlich selbst erfahren. Ich habe mich stets politisch, in der Regel sachlich, manchmal sicherlich pointiert mit einer Spur Polemik (…z. B.: Beim Spagat zwischen Borsigplatz und Shanghai kann man sich schonmal ne Zerrung holen…) argumentiert. Aber Freddie bringt mich in eine Ecke, in der ich nicht stehe. Ich stehe absolut nicht für Gewalt, habe nicht dazu aufgerufen oder mich gar dran beteiligt. Auch heiße ich das, was da vor der Roten Erde passiert ist, alles andere als gut und habe auch kein Problem damit zu sagen, dass ich das verurteile. Es nervt mich kolossal, dass wir BVB-Fans es letztendlich waren, die dafür gesorgt haben, dass man berechtigte Kritik an RB Leipzig kaum noch vortragen kann, ohne von Leuten in eine Schublade mit Gewalttätern gesteckt zu werden. Das ist einfach bitter. 

Bleibt die Frage: wer steuerte ihn im fernen Australien, wer versorgt ihn bewusst mit diesen falschen Informationen? Er schrieb, dass er von der Polizei die Auskunft bekam, dass ich vor der Roten Erde war. Richtig. Richtig ist aber auch, dass ich dort vor JEDEM BVB-Spiel bin um mit Papa Bratwurst zu essen und ein Bier zu trinken. Familientradition. Richtig ist auch, dass die Polizei nichtmal gegen mich ermittelt. Wenn ich irgendetwas strafrechtlich relevantes gemacht hätte, wäre das sehr schnell gegangen, da ich schon unter massiver Beobachtung der Polizei stehe, vor allem weil ich öffentlich auch gerne Kritik an den Herren in der Markgrafenstraße übe. Da wird sogar versucht mir und anderen ein Verkehrsdelikt anzuhängen, weil wir in unmittelbarer Nähe des Stadions nicht auf dem Gehweg zum Stadion gegangen sind. Der Gehweg war by the way von Polizeifahrzeugen zugestellt. Das Verfahren wurde natürlich sofort vom Richter eingestellt und es gab einen Rüffel von der Staatsanwaltschaft an die Polizei. Die Dinge in Dortmund sind wirklich sehr verzwickt.

Zurück zum Artikel, Freddie schreibt: „Der Krisenstab in Dortmund hat inzwischen eine Theorie entwickelt…“. Er wird demnach eine „Quelle“ beim BVB haben. Da auch einige wenige (!) BVB-Mitarbeiter Kritiker gerne als Nestbeschmutzer ansehen, fühlen sich dort einige Leuten auf die Füße getreten und manch Einer sah jetzt wohl die Gelegenheit, gegen mich schießen zu können. Vermutlich nicht aus der Ebene der „Technokraten“, sondern jemand mit einer anderen Historie. Natürlich habe ich da schon einen Verdacht und auch sehr gute Indizien, wer da (falsche) Informationen an Röckenhaus gestreut hat. Das mit der angeblichen Theorie, die der „Krisenstab“ entwickelt haben soll, ist insofern auch Blödsinn, da es beim BVB gar keinen Krisenstab gab. Die von Röckenhaus aus dem nicht-existierenden-Krisenstab zitierte Theorie, dass sich der RB-Protest auch gegen HJ Watzke richtet - diese Vermutung dürfte fast den Anspruch auf Exklusivität seitens des „Whistleblowers“ aus der Geschäftsstelle haben. Ich glaube, dass man evtl. öffentlich einen Fan-Sündenbock haben wollte; wenn gar „prominent“, umso besser. Aber eine derartige Intrige (und einen willfährigen Ausführer) hätte ich nicht für möglich gehalten. Das Ziel dieser Intrigen ist für mich schwer zu durchschauen. Es sollen wohl Strukturen der Fanszene zerstört werden, Ungemach gesät werden und „nebenbei“ auch der Stuhl Watzkes angesägt werden, denn gegen ihn schießt Röckenhaus ja auch scharf - und da geht es ja nicht mehr um RedBull, wie Sascha es in seinem Text gut dargestellt hat.

Ich bin einfach sehr enttäuscht von vielem und weiß nicht so richtig, ob ein „jetzt erst recht“ oder ein Runterfahren des Engagements die richtige Entscheidung für die Zukunft wäre. Es ist jedenfalls alles zermürbend. Hoffnung und Rückhalt gaben mir aber sogar (teils gar für die SZ-tätige) Journalisten, die anriefen und fragten: was ist denn mit Freddie los? Auch in der Fanszene und hier im Forum war die Unterstützung toll. Keiner der schrieb und sagte „Wenn der Röckenhaus das schreibt, dann wird das stimmen“, sondern nahezu ausnahmslos Kopfschütteln über die Artikel. Das hat wirklich viel Kraft und Mut gegeben. Das ganze trifft mich schon zum zweiten Mal, SportInside hatte mich auch schonmal unter Beschuss genommen, da rief Arne sofort an und schrieb einen tollen Artikel dazu. Ich war und bin Arne bis heute unfassbar dankbar, dass er da in dieser Stunde fest an meiner Seite stand. Jetzt, in einer ähnlichen Situation ist schwatzgelb.de wieder da, Mich freut total - vielleicht ist das jetzt auch too much, aber ich empfinde es wirklich so - dass der Geist und der Gerechtigkeitssinn von Arne noch wichtiger Bestandteil der Redaktion ist. 

Das war es erstmal von mir :).

Schwatzgelbe Grüße vom Borsigplatz, 
Janni


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