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Allesfahrergedanken (Sonstiges)

, Mittwoch, 08.11.2017, 15:29 (vor 2360 Tagen)

Ich beschäftige mich in letzter Zeit oft mit den momentanen Themen die sich auf unserer Tribüne abspielen oder im Auswärtsblock - wie es dazu gekommen ist?

Es gibt sie seit Ewigkeiten - die Allesfahrer.

Auch ich war lange Zeit einer - hab es definitiv aus Spaß gemacht, habe nichts auf Instagram gepostet oder mich in irgendeiner weise profiliert dadurch. Ich hatte Spaß daran und bin auch oft alleine unterwegs gewesen.

Allerdings ist das ja mittlerweile im Fanclubs oder im Stadion zu einem regelrechten Wettbewerb geworden.

Wieviele Spiele fährst du?
Wo warst du Samstag?
Ach gegen Bayern kannst du wieder hier erscheinen?

Auch wird über andere von oben herab gesehen. Warum wechseln sich unsere Vorsänger ständig ab? Warum sind die nicht alle immer präsent im Stadion. Haben sie eventuell was besseres vor wie Borussia??

Es ist so - es ist Alltag.

Die Fans von heutzutage profilieren sich durch die Anzahl der Spiele und schauen auf andere herab.

Kann sich irgendjemand erklären, wie es dazu kam bzw. wann es so in der Form began?

Also ich bin mittlerweile Anfang 30 und schäme mich keineswegs, zu sagen, ich fahre Samstag nicht und schaue es gemütlich auf der Couch - da ich 400 km Anreise habe und Abends evtl. mit Freunden noch was machen möchte oder gemütlich mich von der Arbeitswoche regenerieren.

Auch in meinem Freundeskreis achte ich dadurch unverstöndnisvolle Blicke. Das war früher nicht so. Früher kam der mit wo wollte und der wo nicht wollte zwischen 2004-2008 kam halt nicht mit. Da wurde sich nicht Duelliert. Mit der Groundhopping App angegeben etc.

Ich würde diese Entwicklung einfach gerne verstehen.

Allesfahrergedanken

, Donnerstag, 09.11.2017, 08:37 (vor 2359 Tagen) @ jan.berlin

Ach weißt Du - ich hatte 88 bis 2002 oder so meine grosse Vielfahrer Zeit. Auch da gab es Idioten die sich wie die Axt im Walde benommen haben ... auch untereinander. Es gab in meinen Augen öfter Zirkus mit volltrunkenen Kollegen in den gleichen Farben als mit den Fans des Gegners.
In Saarbrücken hat man es dann tatsächlich mal geschafft einen eigenen Kumpel samt Dixieklo auf der Tribünenrückseite den Hang herunterzukullern - mit dem Kumpel in selbigen. Das fand viele wahnsinnig spassig - mal davon abgesehen, dass der Typ sich bös hätte verletzten können war das auch damals schon unterstes Niveau.

Auch auf der Süd wurde sich gebrüstet wer wann wo mit wem und warum gefahren ist. Es gab angesagte Fanclubs - die halt auch Busse und Touren organisiert haben.

Irgendwann hat man mal die Nase voll - nach dem ChapionsLeage Sieg in München wo ich glücklicher Weise Tickets bekommen hatte, wurde es spürbar weniger. Da brauchte es gar nicht die Krise mit der Fastinsolvenz. Im Grunde hat diese Fastpleite des Vereins noch mal ganz intensive Emotionen geweckt die fast schon vergessen waren. Dann die Klopp Zeit - die natürlich ein Glücksfall für Fans und Verein gewesen ist aber ich auch da schon nicht mehr den Weg ins Stadion gefunden habe. Ein zwei mal vielleicht und man merkst wieviel Zeit man gewinnt wenn man doch ein paar Stunden Fahrzeit einkalkulieren muss und diese, dank TV, wegfällt.

Das ist die eine Seite, die andere ist, dass man halt auch immer weniger mit dem ganzen Theater rund um ein Spiel anfangen kann - also für mich gesprochen.. Ich sehe keinen Sinn darin, sich zu besaufen und nichts vom Spiel sehen zu können, anderen auf die Fresse zu hauen oder mit Bierpullen zu schmeissen und genauesowenig habe ich Interesse mal mit so einem Mob irgendwo in einen Topf zu landen nur weil man zur falschen Zeit am falschen Ort war.

Die Prioritäten verändern und verschieben sich - ich wurde geschieden musste ein paar Mal heftig ins Krankenhaus, habe jetzt ein kleines Häuschen und Hund im Westerwald - da wird man irgendo gemütlich und schaut TV und ich habs schonmal geschrieben. Begleitet von Fifa/Uefa und Bundeligaskandalen, bekloppten Spielerm geldgeilen Beratern, RB und SAP und dem ganzen Geschiss was derzeit den Fussball umwandelt - wird jetzt auch ab Mai der Punkt kommen wo ich sky abgebe und das alles nur noch rudimentär beobachten werde ...

Aber wehe der BVB droht unterzugehen ... dann kommen die ganzen Gefühle und die Liebe wieder hoch ... und alles ist wie immer

Liebe Grüße Dirk

Allesfahrergedanken

pactum Trotmundense, Syburg, Donnerstag, 09.11.2017, 07:18 (vor 2360 Tagen) @ jan.berlin

Bevor ich ins Berufsleben eingestiegen bin, war ich auch (Fast-)Allesfahrer. Ich habe es zwar nie geschafft alle Auswärtsspiele einer Saison zu machen, aber 14 habe ich immer geschafft. Das war in den 90ern, als es diese "Szene" in der massiven Form noch gar nicht gab. Aber auch damals fühlten sich die Vielfahrer den anderen Fans überlegen und äußerten es auch verbal. Es gab nur kein Internet, wo sie ihre Attitüde verbreiten konnten und sich zum "Vorbild" für den Nachwuchs zu stilisieren.

Asoziale Auswärtsfahrer gab es damals auch schon. Der Fremdschamfaktor war mitunter enorm. Da es aber noch nicht diese Massen an Mitfahrern gab, gab es natürlich auch weniger Situationen wo man sich schämen konnte. Von den Prügelorgien, die es damals noch gab, habe ich nie wirklich etwas mitbekommen. Das waren schon damals Verstrahlte von denen sich die Fans immer fern gehalten haben. Außer natürlich die, die auch auf den Autobahnen langsamer fahren um den Unfall auf der Gegenseite genau sehen zu können.

Letztlich liegt es an jedem selbst. Mir ist es egal was andere Fans über mich und mein Fanverhalten denken. Ich arbeite in einem Bereich wo es schlichtweg unmöglich ist alles mitzunehmen. Auch habe ich inzwischen eine Familie, die mir einfach wichtiger ist als es mir Borussia jemals sein könnte. Schließlich spielt Borussia keinen Deut besser oder schlechter, wenn ich im Stadion bin.

Aber amüsieren kann ich mich dennoch, wenn mir Jüngelchen erklären, was traditioneller Fußball und Fankultur sind, die zu meiner Vielfahrerzeit noch nicht einmal als Spermium existierten. Dieses Gehabe ist halt Teil ihrer Fankultur. Sie werden auch mal älter und sehen die Dinge mit mehr Lebenserfahrung und dadurch naturgemäß relaxter.

Allesfahrergedanken

Pepperkorn, Dortmund, Mittwoch, 08.11.2017, 23:42 (vor 2360 Tagen) @ jan.berlin

Schöner Thread.
Hatte bis jetzt gedacht, Allesfahrer sind - bis auf das Rätsel, woher sie überhaupt die Kohle haben - insgesamt eher bzw völlig schlicht drauf. Wollen halt nichts verpsassen, und wenn sie merken, dass das trotzdem passiert - na ja, dann entsprechend reagieren, also nichts mehr hier posten.
Chapeau.

Allesfahrergedanken

FourrierTrans, Dortmund, Mittwoch, 08.11.2017, 20:33 (vor 2360 Tagen) @ jan.berlin
bearbeitet von FourrierTrans, Mittwoch, 08.11.2017, 20:36

Ich beschäftige mich in letzter Zeit oft mit den momentanen Themen die sich auf unserer Tribüne abspielen oder im Auswärtsblock - wie es dazu gekommen ist?

Es gibt sie seit Ewigkeiten - die Allesfahrer.

Auch ich war lange Zeit einer - hab es definitiv aus Spaß gemacht, habe nichts auf Instagram gepostet oder mich in irgendeiner weise profiliert dadurch. Ich hatte Spaß daran und bin auch oft alleine unterwegs gewesen.

Allerdings ist das ja mittlerweile im Fanclubs oder im Stadion zu einem regelrechten Wettbewerb geworden.

Wieviele Spiele fährst du?
Wo warst du Samstag?
Ach gegen Bayern kannst du wieder hier erscheinen?

Auch wird über andere von oben herab gesehen. Warum wechseln sich unsere Vorsänger ständig ab? Warum sind die nicht alle immer präsent im Stadion. Haben sie eventuell was besseres vor wie Borussia??

Es ist so - es ist Alltag.

Die Fans von heutzutage profilieren sich durch die Anzahl der Spiele und schauen auf andere herab.

Kann sich irgendjemand erklären, wie es dazu kam bzw. wann es so in der Form began?

Also ich bin mittlerweile Anfang 30 und schäme mich keineswegs, zu sagen, ich fahre Samstag nicht und schaue es gemütlich auf der Couch - da ich 400 km Anreise habe und Abends evtl. mit Freunden noch was machen möchte oder gemütlich mich von der Arbeitswoche regenerieren.

Auch in meinem Freundeskreis achte ich dadurch unverstöndnisvolle Blicke. Das war früher nicht so. Früher kam der mit wo wollte und der wo nicht wollte zwischen 2004-2008 kam halt nicht mit. Da wurde sich nicht Duelliert. Mit der Groundhopping App angegeben etc.

Ich würde diese Entwicklung einfach gerne verstehen.

Es gibt einen, für die Fußballkultur, entscheidenden Faktor der teilweise zu dieser von dir beschriebenen Situation geführt hat. Ich bin ungefähr in deinem Alter und ich erinnere mich noch an die Anfangszeiten von The Unity, z. B.
Früher kamen die jungen Leute zum Fußball, und zu den daraus resultierenden Anfängen der Ultra Kultur, weil sie geil waren auf Fußball. Auf das Spiel. Auf Borussia.
Heute kommen, objektiv betrachtet, viele von den jungen Leuten zur Szene, weil "in der Szene sein" hip ist. Der Fußball ist oft Nebensache.
Man sieht das hin und wieder recht deutlich, wie inflationär Boykotts oder eine Festsetzung durch die Polizei in Kauf genommen werden. Das war "früher" immer das absolute letzte Mittel. Wobei man hier natürlich auch sagen muss, dass sich der Fußball und die BuLi dramatisch verändert haben.
Ich bin froh diese Zeiten um die 2000er Jahre noch miterlebt zu haben, trotz der sportlichen Magerkost (oft).

Allesfahrergedanken

Hatebreed, Donnerstag, 09.11.2017, 09:30 (vor 2359 Tagen) @ FourrierTrans

Früher kamen die jungen Leute zum Fußball, und zu den daraus resultierenden Anfängen der Ultra Kultur, weil sie geil waren auf Fußball. Auf das Spiel. Auf Borussia.

Auch damals schon war es ebenfalls ein weiterer wichtiger Aspekt, zu einer Subkultur zu gehören. Das hat sich meiner Meinung zu heute nicht wesentlich geändert. Die Entwicklung, die Du beschreibst, kann ich nur punktuell erkennen.

Man sieht das hin und wieder recht deutlich, wie inflationär Boykotts oder eine Festsetzung durch die Polizei in Kauf genommen werden. Das war "früher" immer das absolute letzte Mittel. Wobei man hier natürlich auch sagen muss, dass sich der Fußball und die BuLi dramatisch verändert haben.

Wie Du selber schon beschreibst, hat sich der Fußball, die Bundesliga, die Verbände (DFB, DFL, Fifa, Uefa etc.) und vor allem das Auftreten der Polizei schon erheblich verändert. Wofür man heute festgesetzt wird oder kompletten Gruppen temporäre Stadion- oder Bereichsbetretungsverbote ausgesprochen werden (Stichwort "konspirative Anreise"), das gab es doch alles gar nicht. Das man sich da ein Stück weit (friedlich) dagegen wehrt, kann ich sogar nachvollziehen.

Was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann ist, dass so Aktionen wie auf der Anreise nach Hannover passieren oder dieses ganze Materialgezocke. Das ist albern und macht es einem schwer, die Ultra-Kultur ernst zu nehmen. Mit solchen Aktionen pinkelt man sich (immer wieder) selbst an die Hose.

Allesfahrergedanken

disk_error, Donnerstag, 09.11.2017, 00:08 (vor 2360 Tagen) @ FourrierTrans

Ich denke da geht es vor allem um Macht.

Sich selber zu profilieren. Die aktuellen Tongeber der Ultraszene sind für mich nichts anderes als Selbstdarsteller haben nichts mehr mit der Fankutlur des BVB zu tun.

Ich mache das an den Aktionen fest, die sie bringen. Es geht nicht um Stimmung und Unterstützung, es geht nur noch darum sich selber in Szene zu setzen.

Da sich die normalen Fans immer weiter zurückziehen, bleibt nur noch dieser Kern über, der als Ultras betitelt wird.

Früher wurde Bengalos dazu genutzt um für die passende Atmosphäre der Fangesänge zu sorgen. Heute ist das völlig anders, es geht um Randale. Oftmals fliegen die Dinger danach durch die Luft.

Natürlich tut man da wohl auch vielen unrecht aber wie schon gesagt, die normalen Menschen ziehen sich zurück.

Aber diese Entwicklung spiegelt 1:1 die Verrohung der Gesellschaft wieder.

Allesfahrergedanken

Conny Kramer, Lünen, Donnerstag, 09.11.2017, 10:06 (vor 2359 Tagen) @ disk_error

Die aktuellen Tongeber der Ultraszene ... haben nichts mehr mit der Fankutlur des BVB zu tun.

Die Fankultur des BVB wird dadurch definiert, wie sie gelebt wird, d.h. wer sich im "Fanblock" befindet und wie diejenigen sich Verhalten. Dass ist nun mal zu einen ganz wesentlichen Teil auch die Ultraszene. Man muss sie nicht mögen, aber die Fankultur des BVB wird durch sie ganz entscheidend mit definiert.

Aber diese Entwicklung spiegelt 1:1 die Verrohung der Gesellschaft wieder.

Zahlen bitte. Die Gesellschaft verroht nicht - im Gegenteil.

Allesfahrergedanken

Hatebreed, Donnerstag, 09.11.2017, 09:19 (vor 2359 Tagen) @ disk_error

Früher wurde Bengalos dazu genutzt um für die passende Atmosphäre der Fangesänge zu sorgen. Heute ist das völlig anders, es geht um Randale. Oftmals fliegen die Dinger danach durch die Luft.

Wann sind Bengalen denn das letzte Mal (vor allem bei uns?) geflogen? Da kann ich mich jetzt gar nicht dran erinnern... Heutzutage sind Bengalen und Pyro generell ein Zeichen des Protestes und der Provokation gegenüber Polizei und vor allem den Verbänden. Pyro mit Randale gleichsetzen macht nur die Bildzeitung.

Allesfahrergedanken

disk_error, Donnerstag, 09.11.2017, 00:15 (vor 2360 Tagen) @ disk_error

Ich denke da geht es vor allem um Macht.

> Sich selber zu profilieren. Die aktuellen Tongeber der Ultraszene sind für mich nichts anderes als Selbstdarsteller haben nichts mehr mit der Fankutlur des BVB zu tun.


Ich mache das an den Aktionen fest, die sie bringen. Es geht nicht um Stimmung und Unterstützung, es geht nur noch darum sich selber in Szene zu setzen.

Da sich die normalen Fans immer weiter zurückziehen, bleibt nur noch dieser Kern über, der als Ultras betitelt wird.

Früher wurde Bengalos dazu genutzt um für die passende Atmosphäre der Fangesänge zu sorgen. Heute ist das völlig anders, es geht um Randale. Oftmals fliegen die Dinger danach durch die Luft.

Natürlich tut man da wohl auch vielen unrecht aber wie schon gesagt, die normalen Menschen ziehen sich zurück.

Aber diese Entwicklung spiegelt 1:1 die Verrohung der Gesellschaft wieder.


Sagt wer?

Allesfahrergedanken

Westfalenstadio seit 1974, Hessen, Mittwoch, 08.11.2017, 20:54 (vor 2360 Tagen) @ FourrierTrans

Ich beschäftige mich in letzter Zeit oft mit den momentanen Themen die sich auf unserer Tribüne abspielen oder im Auswärtsblock - wie es dazu gekommen ist?

Es gibt sie seit Ewigkeiten - die Allesfahrer.

Auch ich war lange Zeit einer - hab es definitiv aus Spaß gemacht, habe nichts auf Instagram gepostet oder mich in irgendeiner weise profiliert dadurch. Ich hatte Spaß daran und bin auch oft alleine unterwegs gewesen.

Allerdings ist das ja mittlerweile im Fanclubs oder im Stadion zu einem regelrechten Wettbewerb geworden.

Wieviele Spiele fährst du?
Wo warst du Samstag?
Ach gegen Bayern kannst du wieder hier erscheinen?

Auch wird über andere von oben herab gesehen. Warum wechseln sich unsere Vorsänger ständig ab? Warum sind die nicht alle immer präsent im Stadion. Haben sie eventuell was besseres vor wie Borussia??

Es ist so - es ist Alltag.

Die Fans von heutzutage profilieren sich durch die Anzahl der Spiele und schauen auf andere herab.

Kann sich irgendjemand erklären, wie es dazu kam bzw. wann es so in der Form began?

Also ich bin mittlerweile Anfang 30 und schäme mich keineswegs, zu sagen, ich fahre Samstag nicht und schaue es gemütlich auf der Couch - da ich 400 km Anreise habe und Abends evtl. mit Freunden noch was machen möchte oder gemütlich mich von der Arbeitswoche regenerieren.

Auch in meinem Freundeskreis achte ich dadurch unverstöndnisvolle Blicke. Das war früher nicht so. Früher kam der mit wo wollte und der wo nicht wollte zwischen 2004-2008 kam halt nicht mit. Da wurde sich nicht Duelliert. Mit der Groundhopping App angegeben etc.

Ich würde diese Entwicklung einfach gerne verstehen.


Es gibt einen, für die Fußballkultur, entscheidenden Faktor der teilweise zu dieser von dir beschriebenen Situation geführt hat. Ich bin ungefähr in deinem Alter und ich erinnere mich noch an die Anfangszeiten von The Unity, z. B.
Früher kamen die jungen Leute zum Fußball, und zu den daraus resultierenden Anfängen der Ultra Kultur, weil sie geil waren auf Fußball. Auf das Spiel. Auf Borussia.
Heute kommen, objektiv betrachtet, viele von den jungen Leuten zur Szene, weil "in der Szene sein" hip ist. Der Fußball ist oft Nebensache.
Man sieht das hin und wieder recht deutlich, wie inflationär Boykotts oder eine Festsetzung durch die Polizei in Kauf genommen werden. Das war "früher" immer das absolute letzte Mittel. Wobei man hier natürlich auch sagen muss, dass sich der Fußball und die BuLi dramatisch verändert haben.
Ich bin froh diese Zeiten um die 2000er Jahre noch miterlebt zu haben, trotz der sportlichen Magerkost (oft).

Andererseits muss sich die Szene natürlich auch weiterhin der Jugend hin öffnen, auch wenn im heutigen Fußball viele Entscheidungen schwieriger fallen, es mehr berechtigte und unberechtigte Boykotts gibt und man diese teilweise eher provoziert. Dass mit der hippen Szene stimmt teilweise, aber es gibt natürlich immer auch noch die anderen Fälle oder wenigstens eine Mischung aus beiden.

Allesfahrergedanken

Hatebreed, Mittwoch, 08.11.2017, 20:15 (vor 2360 Tagen) @ jan.berlin

Selbstinszenierung gehörte beim BVB schon immer irgendwie mit dazu.

Mit der Generation Smartphone wird das alles nur noch präsenter.

Das Entfremden kommt über die Jahre. Das geht wohl Jedem so. Ist auch ok. Andere Prioritäten (Frau, Familie, Kinder) und schon überlege ich sehr gut, wo ich hinfahre und wo nicht. Ich habe jetzt meinen Seelenfrieden bei ca. 15-20 Spielen pro Jahr gefunden. Damit bin ich jetzt sehr zufrieden.

Allesfahrergedanken

fantalemon, Herne, Mittwoch, 08.11.2017, 17:57 (vor 2360 Tagen) @ jan.berlin

Vielleicht liegt es daran, dass man mit der Zeit einfach satt ist und Gefallen daran findet, nach dem Spiel den TV auszumachen und den Tag/Abend noch anders gestalten zu können.

Ich merke das gerade an mir selbst. Seit 2001 fahre ich eigentlich alles, was national mit dem BVB zu tun hat. Ich komme auf mindestens 15 Auswärtsspiele pro Saison, mein Urlaub und meine häuslichen Pflichten richten sich nach Heim-und Auswärtsspielen. Meine Frau toleriert dies zum Glück.
Aber seit 2 Saisons merke ich, dass es mir egal wird, ob ich eine Karte für eine Auswärtspartie bekomme oder nicht. Damals hätte ich alles dafür getan. Und heute? Dann bleib ich eben mitn Arsch zu hause, wenn ich keine Karte bekomme.

Ich frage mich, ob ich mittlerweile zu satt bin oder vielleicht auch angewidert von dem Verhalten einiger "Fans", die sich auswärts immer wieder im peinlichsten Modus präsentieren. Bei mir kommt sehr oft der Fremdschäm-Modus hoch.

Und nach so Aktionen von Leuten, wie letztens in Hannover, sag ich mir, dass mir Auswärtsspiele derzeit keinen Spass mehr machen. Warum? Weil man sich anpöbeln lassen muss, weil man beim 4-2 direkt aus dem Block wollte. Man wird beschimpft, wie scheisse man wäre und so ein Fanverhalten sich nicht schickt. Zuallem Überfluss wird man von Leuten aus der 1.Reihe im Steher angespuckt, weil man gefruset den Block ein paar Minuten eher verlässt. Und dann frag ich mich zurecht, ob ich mir das mittlerweile noch geben muss.

In diesem Sinne...Heja BVB

Allesfahrergedanken

, Mittwoch, 08.11.2017, 15:49 (vor 2360 Tagen) @ jan.berlin

Es gibt eine Groundhopping-App? Wozu?

Für die jüngere Generation die mit Smartphones aufgewachsen ist (und Teile der älteren Generation die es aufgesogen haben) gehört Selbstinszenierung in einem ungeahnten Ausmaß zum Alltag. Die Konsequenz sind soziale Isolation, Versagensängste, übersteigerter Egoismus, mangelnde Empathie, Atomisierung, Depressionen, Zwangsstörungen und Suizid.

Nach 10 Jahren smartphone und einer ersten Generation die damit aufgewachsen ist, gibt es inzwischen harte Daten zu dem Thema. Wenn du dir die Graphen zu den einzelnen Störungen, Krankheiten und Abartigkeiten anschaust, dann zeigen alle Trends weit nach oben. Der klare Wendepunkt ist die Markteinführung des ersten Iphones gewesen. Seitdem geht es steil bergab.

Dieses unglaublich übersteigerte Abgrenzungsbedürfnis war schon vorher ein Problem, aber in der letzten Dekade ist das Tempo der Entwicklung enorm gestiegen. Die ersten Eingeborenen dieser Entwicklung sind inzwischen erwachsen.

Allesfahrergedanken

Conny Kramer, Lünen, Donnerstag, 09.11.2017, 10:32 (vor 2359 Tagen) @ Kulibi77

Für die jüngere Generation die mit Smartphones aufgewachsen ist (und Teile der älteren Generation die es aufgesogen haben) gehört Selbstinszenierung in einem ungeahnten Ausmaß zum Alltag. Die Konsequenz sind soziale Isolation, Versagensängste, übersteigerter Egoismus, mangelnde Empathie, Atomisierung, Depressionen, Zwangsstörungen und Suizid.

Nach 10 Jahren smartphone und einer ersten Generation die damit aufgewachsen ist, gibt es inzwischen harte Daten zu dem Thema. Wenn du dir die Graphen zu den einzelnen Störungen, Krankheiten und Abartigkeiten anschaust, dann zeigen alle Trends weit nach oben. Der klare Wendepunkt ist die Markteinführung des ersten Iphones gewesen. Seitdem geht es steil bergab.

Also laut den Daten die in auf die Schnelle im Internet gefunden habe (hier und hier), ist die Suizidrate in Deutschland seit Jahrzehnten stark rückläufig und in den letzten zehn Jahren zumindest stabil (adjustiert für Demografie wohl auch rückläufig), auch bei Jugendlichen.

Dass Depression & Co. häufiger diagnostiziert werden (habe ich jetzt nicht gesucht aber glaube ich jetzt einfach mal) mag aber auch einer besseren Sensibilität und besseren Diagnosemethoden geschuldet sein.

Dass Suizid eine Folge des Smartphones sein soll geben die harten Daten jedenfalls m.E. sicher nicht her.

Allesfahrergedanken

Blarry, Essen, Mittwoch, 08.11.2017, 16:45 (vor 2360 Tagen) @ Kulibi77

Wenn da kein Copyright drauf wäre, stünde hier jetzt das in dem Zusammenhang immer wieder benutzte Foto vom Zugwaggon voller isoliert zeitunglesender Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Allesfahrergedanken

Blarry, Mittwoch, 08.11.2017, 17:27 (vor 2360 Tagen) @ Blarry

Nur dass das kein nostalgisches "früher war alles besser"-Gefühl ist, sondern durch Daten untermauert wird:

theatlantic.com/magazine/archive/2017/09/has-the-smartphone-destroyed-a-generation/534198/

Es gibt eine Epidemie von Persönlichkeitsstörungen und Affektstörungen in der jüngsten Generation unserer Kinder. Allein der Anstieg bei den narzisstischen Störungen unter Jugendlichen sollte jedem Sorge bereiten. Irgendwann sind diese Jugendlichen dann Politiker, Manager oder dein Boss. Eine narzisstische Störung "wächst" sich nicht einfach raus. Die hat man ein Leben lang. Man kann das natürlich auch nur abtun als Nostalgie.

Allesfahrergedanken

Rupo, Ruhrpott, Mittwoch, 08.11.2017, 17:40 (vor 2360 Tagen) @ Kulibi77

danke für den Link, hab ich mal meiner Tochter weiter geleitet...
Hier eine Replik der Süddeutschen Zeitung dazu
http://www.sueddeutsche.de/digital/jugend-und-technik-die-generation-smartphone-ist-stabiler-als-die-apokalyptiker-behaupten-1.3621797

Allesfahrergedanken

Rupo, Mittwoch, 08.11.2017, 21:08 (vor 2360 Tagen) @ Rupo

Ja, Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Und ob nun bestimmte Phänomene wie abnehmende sexuelle Aktivität unbedingt negativ ist... kann man auch drüber streiten. Die Frau Forscherin will ein Buch verkaufen, das ist offensichtlich.

Aber: Es gibt kaum noch bestreitbare empirische Belege wie z.B. für die Zunahme von narzisstischen Störungen oder Depressionen bei Jugendlichen in den letzten 10-15 Jahren. Das ist nachweisbar. Ich würde auch nicht behaupten dass das Smartphone dafür die Ursache ist, sondern ein Katalysator in meinen Augen. Eine vorhandene Dynamik wird/wurde beschleunigt und intensiviert.

Allesfahrergedanken

Foreveralone, Dortmund, Mittwoch, 08.11.2017, 21:39 (vor 2360 Tagen) @ Kulibi77

Ja, Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Und ob nun bestimmte Phänomene wie abnehmende sexuelle Aktivität unbedingt negativ ist... kann man auch drüber streiten.

Inwiefern sollte der Nachlass eines menschlichen Grundbedürfnisses nicht als negativ aufgefasst werden, wenn man nicht gerade frommer Katholik oder ziemlich prüde/verklemmt ist?


Aber: Es gibt kaum noch bestreitbare empirische Belege wie z.B. für die Zunahme von narzisstischen Störungen oder Depressionen bei Jugendlichen in den letzten 10-15 Jahren. Das ist nachweisbar. Ich würde auch nicht behaupten dass das Smartphone dafür die Ursache ist, sondern ein Katalysator in meinen Augen. Eine vorhandene Dynamik wird/wurde beschleunigt und intensiviert.

Allesfahrergedanken

Foreveralone, Mittwoch, 08.11.2017, 22:00 (vor 2360 Tagen) @ Foreveralone
bearbeitet von Kulibi77, Mittwoch, 08.11.2017, 22:04

Nunja sexuelle Aktivität in der frühen Jugend ist in vielen bisherigen Studien mit dem sozioökonomischen Status gekoppelt. Je reicher, desto weniger wird gevögelt in jungen Jahren.

Einen konkreten Zusammenhang mit einem oder mehreren Faktoren herzustellen ist halt nicht so einfach. Von daher ist die Aussagekraft dieser Statistik eingeschränkt. Es könnte auch nur bedeuten dass sich der ökonomische Status oder das Bewußtsein über eine (gewollte) Zugehörigkeit zu einem sozialen Status in der Jugend verbessert hat (in der Wahrnehmung oder auch in Realität). Es könnte auch nur eine kulturelle Verschiebung bedeuten.

Allesfahrergedanken

Pete H., Mittwoch, 08.11.2017, 17:10 (vor 2360 Tagen) @ Blarry

Wenn da kein Copyright drauf wäre, stünde hier jetzt das in dem Zusammenhang immer wieder benutzte Foto vom Zugwaggon voller isoliert zeitunglesender Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Sind das diejenigen, welche ebendiese Zeitung aus ihrer Tasche ziehen, die Humorseite aufschlagen, diese lesen, nachdem sie ein Unfallopfer erspähen?

Allesfahrergedanken

Elmar, Mittwoch, 08.11.2017, 16:59 (vor 2360 Tagen) @ Blarry

Ich glaube, da hat sich tatsächlich nichts geändert. Im Zugwagon wurde selten Identität gestiftet.

Allesfahrergedanken

Blarry, Essen, Mittwoch, 08.11.2017, 17:05 (vor 2360 Tagen) @ Elmar

Ich kann mir auch kaum einen Ort vorstellen, der weniger identitätsstiftend wirkt als ein Fußballstadion. "Identität" als Konzept ist praktisch das logische Inverse davon, einer von 80 Millionen zu sein (*würg*), oder auch nur von 80'000.

Allesfahrergedanken

Elmar, Mittwoch, 08.11.2017, 17:12 (vor 2360 Tagen) @ Blarry

Sehe ich etwas anders.
Es sind 80.000 um dich herum, die nicht zu deiner speziellen Gruppe gehören. Und du bist (gefühlt) der Mittelpunkt dieser großen Menschenmenge.
Ein VIP Bereich funktioniert sogar ähnlich. 79000 müssen sich quetschen und im kalten aufs Spiel warten. Du darfst bei Häppchen und in Nachbarschaft von Michael Rummenigge und Jörg Heinrich im warmen sitzen.

Allesfahrergedanken

MirkoWSG, Mittwoch, 08.11.2017, 17:33 (vor 2360 Tagen) @ Elmar

Es sind 80.000 um dich herum, die nicht zu deiner speziellen Gruppe gehören. Und du bist (gefühlt) der Mittelpunkt dieser großen Menschenmenge.

Zumindest wenn du den Ball vor die Birne kriegst

Allesfahrergedanken

, Mittwoch, 08.11.2017, 15:52 (vor 2360 Tagen) @ Kulibi77

Das unterschreibe ich alles.

Aber wie erklärst du dir den Bezug im Fußball.

Das profilieren im Freundeskreis -wer hat mehr gesehen im Bezug auf Borussia? Einen Fußballverein?

Allesfahrergedanken

DieRoteKarteZahlIch, UK, Mittwoch, 08.11.2017, 22:05 (vor 2360 Tagen) @ jan.berlin

Das unterschreibe ich alles.

Aber wie erklärst du dir den Bezug im Fußball.

Das profilieren im Freundeskreis -wer hat mehr gesehen im Bezug auf Borussia? Einen Fußballverein?

Vielleicht liegt es daran, dass die Leute heute weniger Selbstbewusstsein haben. Und auch mehr Zeit & Geld.

Ausserdem hat Dortmund heuer weit mehr Fans. Da gibt es dann solche Entwicklungen.

Allesfahrergedanken

, Mittwoch, 08.11.2017, 16:08 (vor 2360 Tagen) @ jan.berlin

Profilierung und Abgrenzung ist Identitätsfindung. Da es anscheinend für viele Menschen immer schwieriger wird eine Identität im klassischen Sinne über Familie, Freunde und lokale soziale Gemeinschaft aufzubauen, werden Ersatzgemeinschaften gesucht. Also zum Beispiel der Fußballverein und die damit verbundene Fankultur. Diese Identität muss nicht nur nach außen abgegrenzt werden, sondern auch nach innen in die eigene Gemeinschaft hinein definiert werden. Keine Gemeinschaft ohne Hierarchie. Je wichtiger die Ersatzgemeinschaft wird, desto wichtiger wird die Hierarchie. Die Suche nach solchen Ersatzgemeinschaften ist auch nichts neues (ganz im Gegenteil), aber alles hat in den letzten 10-15 Jahren enorm an Tempo und Dynamik gewonnen.

Allesfahrergedanken

Elmar, Mittwoch, 08.11.2017, 16:29 (vor 2360 Tagen) @ Kulibi77

Sehr guter Beitrag.
Die Globalisierung und (auch dadurch) steigende Komplexität der Umwelt sind die Katalysatoren.
In dieser Umgebung einen Status zu finden, der befriedigt und verständlich ist, wird über die tradierten Rollen "Job" und "soziales Umfeld" zunehmend schwieriger.
Außerdem führen die neuen Medien und die einhergehende Indvidualisierung dazu, dass Gruppen wie Freiwillige Feuerwehr, Sportverein oder Gesangsverein eher aussterben.

Allesfahrergedanken

, Mittwoch, 08.11.2017, 16:13 (vor 2360 Tagen) @ Kulibi77

super Erklärung vielen Dank.

Scheint, als hättest du dich mit diesem Thema schon einige Stunden beschäftigt.

Allesfahrergedanken

Fair Play, NRW, Mittwoch, 08.11.2017, 15:40 (vor 2360 Tagen) @ jan.berlin

Also das Profilierungsgehabe würde ich mal auf den Zeitgeist schieben, ansonsten sollte man sich auch nicht zu sehr mit Gedanken anderer Leute über einen selbst befassen. Das ist ja schon eher müßig.

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