Bürki Interview im TagesAnzeiger (BVB)

Kris, Sonntag, 16.04.2017, 12:33 (vor 2576 Tagen) @ Sepp

Vor vielen Jahren hatte ich einmal ein ähnlich traumatisches Erlebnis, als mir jemand von einer Autobahnbrücke des Nachts einen zentnerschweren Kanaldeckel aufs Auto warf. Zum Glück kam der Deckel einen Bruchteil einer Sekunde vor unserem Wagen auf, was dennoch zu einem schweren Verkehrsunfall führte, aus dem wir, wie von Wunderhand, ohne körperliche Verletzungen herauskamen.
Allerdings stand ich mehrere Tage ziemlich neben mir, an den ersten Tag nach dem Unfall habe ich keinerlei konkrete Erinnerung. Es quälte mich nur eine Frage: Wer tut so was? Warum wollte man mich umbringen? Was habe ich getan, dass jemand mir sowas antut?
Was tatsächlich geholfen hat, war, dass die Täter recht bald gefasst wurden. Es waren drei junge Heranwachsende, die schließlich eine Anklage wegen versuchten Mordes am Hals hatten. Im Gerichtsverfahren sah ich sie da sitzen, arme kleine kleine Würstchen. Mein Wunsch damals wäre gewesen, mich mal eine Stunde mit ihnen allein in einem Raum zu lassen, damit ich ihnen mal so richtig die Meinung sagen kann, um ihnen klar zu machen, was sie mir angetan hatten. Das ging natürlich nicht.

Ich hoffe, es klingt nicht anmaßend, doch ich denke, ich kann ganz gut nachempfinden, wie es dem einen oder anderen Betroffenen geht. Das Geschehene wird man nie vergessen, doch die Intensität des Schreckens nimmt mit der Zeit ab und man lernt, damit umzugehen. Ich wünsche unseren betroffenen Jungs sehr, dass man die Täter fasst und sie sich verantworten müssen. Das hilft, die Dinge für sich besser einzuordnen und zu akzeptieren, was geschehen ist, auch wenn es jeglicher rationaler Grundlage entbehrt.