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Das deformierte Spiel / Kommentar zu Leipzig (Fußball allgemein)

Franke, Dienstag, 09.05.2017, 02:14 (vor 2548 Tagen) @ Redaktion schwatzgelb.de

Der trojanische Bulle schafft es in die Champions-League
VON HANS BÖLLER

Schwer in Worte zu fassen, sagt Leipzigs Sport-Chef Ralf Rangnick, sei dieser Erfolg. Aber man kann es ja mit Zahlen versuchen: Mit jenen 52,38 Millionen Euro an Verbindlichkeiten gegenüber dem Red-Bull-Konzern zum Beispiel, die das Leipziger Fußball-Konstrukt im jüngaten Geschäftsbericht auswies - ab sofort wird sich die europäische Fußball-Union Uefa mit derlei Zahlen befassen, seit Samstagabend steht fest, dass Leipzig in der Champions-League spielt. Wahrscheinlich jedenfalls, nur ein bisschen findig müssen die Steuermänner dieser austro-amerikanischen PR-Drohne jetzt noch sein.

52,38 Millionen: Das würde einen klaren Verstoß gegen das sogenannte Financial Fair Play der Uefa bedeuten und zöge, eigentlich, Sanktionen nach sich, aber in solchen Fällen ist die Uefa eher ein Papiertiger. Sanktioniert wurden in der Vergangenheit nur Wiederholungstäter, bisher blieb Leipzig unterhalb des Radars der Uefa - und hatte Zeit, den Tag x vorzubereiten.

So hatte schon die nationale Erfolgsgeschichte begonnen: Im toten Winkel. Der Einstieg des Konzerns beim FC Sachsen Leipzig scheiterte an Bedenken des Deutschen Fußball-Bundes, weshalb man das Projekt mit dem nicht mehr dem DFB-Lizenzierungsverfahren unterliegenden Oberligisten SSV Markkranstädt startete - und erst mit den Aufstiegen erfolgte Auflagen peu a peu erfüllte, jedenfalls pro forma. Das Konstrukt, dieser trojanische Bulle, sollte wenigstens wie ein Verein aussehen (also Mitglieder haben können und deshalb den Mitgliedsbeitrag von 800 Euro jährlich senken), in der Vereinsführung sollte es keine Mehrheit von Konzern-Angehörigen geben - und das Logo sollte sich von dem des Vereins unterscheiden lassen. Wer sehr genau auf dieses Logo schaut, sieht winzige Unterschiede. So ähnlich funktionierte das gesamte Manöver.

Für das nächste braucht es wieder Phantasie, denn jetzt gilt es die Uefa davon zu überzeugen, dass Red Bull und RB, also Rasenballsport (wie Leipzig offiziell heißt), nicht dasselbe sind. Red Bull Salzburg steuert in Österreich auf die Champions League zu, laut Uefa darf "keine natürliche oder juristische Person" Einfluss auf mehr als einen an der Champions Legue teilnehmenden Verein haben. De facto gibt es zwar zwei Red Bull-Klubs, die auch eng zusammenarbeiten, pro forma ist aber schon vorgesorgt.

Leipzigs Fußball ist eine 99-prozentige Red Bull-Tochter, in Salzburg ist das Unternehmen aber offiziell nur noch Sponsor, nicht mehr Anteilseigner, daraus kann man, mit etwas Zynismus, im Profigeschäft vieles konstruieren. Adidas zum Beispiel ist Anteilseigner beim FC Bayern und Ausrüster von Real Madrid. Wo Grenzen zu ziehen sind, wird die Uefa jetzt entscheiden. Will man es in Worte fassen: Fußball ist, klar, längst zum Geschäft geworden. Bei Red Bull ist aus dem Geschäft Fußball geworden - und Leipzig ist nur die konsequente Weiterentwicklung einer gruseligen, aber allgemein akzeptierten Deformation dieses Spiels?

Aus den Nürnberger Nachrichten abgetippt, nachdem sie es nicht online stellen.


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