48,6 Millionen Euro für den Ludwigspark (Fußball allgemein)

Will Kane, Saarbrücken, Mittwoch, 28.09.2022, 00:18 (vor 569 Tagen) @ Ravenga

Der Rat der Stadt Saarbrücken hat vorsorglich noch mal etwas mehr als 2 Milliönchen nachgenehmigt auf nunmehr 48,6 Millionen für das Stadion
https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarbruecken/saarbruecken-neue-millionen-fuer-den-ludwigspark-stadtrat-fuer-finanzspritze_aid-77463063
die erste Planung war 16 Mio also nur eine Verdreifachung für eine ambitionierten Drittligisten...
https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/weitere_zwei_millionen_euro_fuer_ludwigsparkstadion_eingeplant_100.html

Ich will den Menschen im Saarland ja nicht zu nahe treten, aber der neue Ludwigspark ist für mich eines der hässlichsten Stadien in Deutschland. Und dafür fast 50 Millionen raushauen? Uff...

Das eher seltsam anmutende neue Stadion ist zwar einerseits ein Paradebeispiel von „saarländisch gebaut“ (das heißt tatsächlich hier so), ist aber im Gegensatz zum Ursprung dieses Begriffs ein exorbitant überteuertes und kein Billigobjekt.

Das Saarland hat den größten Anteil an selbstgenutztem Wohneigentum aller Bundesländer (64,7% in 2018). Das hat vielerlei Gründe, so spielen z.B. der hohe ländliche Anteil, die spezifische Sozial- und Altersstruktur oder auch die Industriehistorie eine Rolle.

Jetzt handelt es sich bei der Mehrzahl dieser (meist) Eigenheime nicht über moderne ‚Paläste der sozialen Gerechtigkeit‘ (wie die namensgebende frühere Behausung Oskar Lafontaines), sondern um kleine Katen, meist in typischen früheren Industriearbeitersiedlungen. Diese kleinen Häuschen wurden wegen des sehr knappen Haushaltsbudgets oft in Eigenarbeit errichtet und im Laufe der Zeit wurde dann peu à peu angebaut und erweitert. Das ging nur mit Hilfe der Verwandtschaft und befreundeter Nachbarn. Dabei war es völlig wurscht, ob diese Helfer oder man selbst über Fachkenntnisse oder handwerkliches Geschick verfügten. Hauptsache, da schafft wer mit. Und nach einigen Jahrzehnten stand dann da ein Haus, bei dem nichts so recht zueinanderpassen wollte und nicht wenige Qualitätsmängel bezeichnend waren. ‚Saarländisch gebaut‘ halt.

Und genauso sieht der neue Ludwigspark eben aus und Qualtätsmängel gehören zur Entstehung dieses Stadions dazu wie der Schwenkbraten zum Saarland. Nur wurde es von teuren Fachleuten errichtet. Leider ohne richtigen Plan und mit wenig Abstimmung der am Bau Beteiligten. Dabei wollte die frühere Oberbürgermeisterin doch nur ihre Wiederwahl mit diesem Projekt sichern. Ist ihr auch gelungen. Nur bei der zweiten Wiederwahl war das Stadion immer noch nicht fertig, die Kosten waren explodiert und nicht mehr überschaubar. Ihr Gegenkandidat erhielt zwar nur eine Handvoll Stimmen mehr, aber bei sehr geringer Wahlbeteiligung war die OB abgewählt.

Der neue OB versuchte das Desaster einigermaßen auf die Reihe zu bekommen, drohte dann aber auch in einem unübersichtlichen Sumpf zu versinken und verhedderte sich auch in einem unglaublichen Gestrüpp. Den einen oder anderen Fehler machte er auch noch, aber das machte den Kohl dann wirklich nicht mehr fett. Am Ende stand das Teil. Jetzt wird noch fleißig prozessiert und der Stadtrat freut sich schon darauf, dass man vielleicht noch 100.000 € herausbekommt. Kein Witz.

Eigentlich müsste dieser in jeder Hinsicht misslungene und hoffnungslos überteuerte Bau den Namen der früheren Oberbürgermeisterin tragen. Die ist aber von der Bildfläche verschwunden und von Mitgliedern ihrer Partei wird ihr Name nicht mehr erwähnt.

Die FCS-Anhänger finden das Stadion übrigens schön. Aber zur Ehrenrettung des gemeinen Saarländers muss man sagen, dass dies nicht unbedingt die allgemeine Meinung im Lande mit Ölteppichgröße widerspiegelt…