schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
A- A+
schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
Startseite | FAQ | schwatzgelb.de unterstützen
Login | Registrieren

Hansi doch nicht willkommen? (Fußball allgemein)

Will Kane, Saarbrücken, Montag, 13.05.2024, 15:47 (vor 27 Tagen) @ herrNick

Kann beide Seiten verstehen. Flick, der sich natürlich in einer - trotz seiner Misserfolge zuletzt leicht verbesserten Position sieht und Ansprüche stellt, damit sein Ruf nicht noch weiter demoliert wird. Und natürlich die Bayern, die Bedenken haben.

Ein unwürdiges Schauspiel.

Wenn ich jetzt sehr Pro Bayern wäre, würde ich versuchen, alles auf die Karte Tuchel zu setzen, mit ihm den Kader erneuern und eine Spielweise etablieren, mit der man wieder dominant wird. Auf dem Markt ist momentan kein "besserer" Trainer, der auch den Namen/Ruf hätte. Ich weiss, dass tuchel hier überwiegend nicht sonderlich gemocht wird, weil er einfach kein Prince Charming ist und auch niemals wird, aber fachlich ist er einwandfrei. Du musst ihm halt einen medialen Bodyguard beistellen und ihn unterstützen, dann kommt auch viel Gutes raus.

Aber irgendwie habe ich auch nicht den Eindruck, dass die Bayern das wollen. Die WOLLEN tatsächlich mehr Richtung RB-Fußball gehen offenkundig. De Zerbi geht ja auch in diese Richtung.


Bayern ist nun die vierte Station, an der TTT nicht eine allzulange Verweilzeit hat. Anscheinend wird entweder die Einschätzung, dass er ein fachlicher Toptrainer ist nicht geteilt, oder es gibt Dinge, die in mindestens drei Ländern die fachlichen Qualitäten überlagern.

Sehe ich anders.

Tuchels Verweildauer ist auch nicht kürzer als das anderer Toptrainer bei den genannten Clubs, wobei Bayern ein Sonderfall ist. Und man sollte sich auch immer die Umstände genauer anschauen.

Guardiola oder Klopp sind ganz klar Ausnahmen im internationalen Trainergeschäft, auch weil sich bei beiden Trainern Clubs und Trainer wohlabgewogen und überlegt für eine langfristige Zusammenarbeit gefunden haben.

Dass so etwas nur selten gelingt (und zwar dann, wenn alle Beteiligten vollkommen einig sind), zeigt das Beispiel Nagelsmann bei Bayern. Eine auf 5 Jahre angelegte Zusammenarbeit, die aber infolge eine rückläufigen Entwicklung der Mannschaft keine zwei Jahre hielt.

Im Gegenteil, dass sich Tuchel z.B. beim PSG so lange halten konnte ist eigentlich ein kleines Wunder. Und das nicht wegen Tuchel, sondern weil der PSG jeden auch noch so renommierten Trainer nach kurzer Zeit vor die Tür gesetzt hat, wenn man in der CL nicht den Erwartungen gemäß performt hat. Und das, obwohl Tuchel im Gegensatz zu all den anderen eben nicht der Wunschtrainer der Clubverantwortlichen war, sondern vom Emir persönlich den Zuschlag erhielt. Der war nämlich der Auffassung, dass man es mit einem international eher unbekannten talentierten Trainer versuchen sollte, nachdem all die anderen erfahrenen Toptrainer das erstrebte Ziel des CL-Gewinns nicht erreichen konnten und mit dem verwöhnten Starensemble Schwierigkeiten bekamen.

Ob es nun der seinerzeitige Sportdirektor Henrique, Starspieler wie Neymar oder andere Einflussreiche aus dem PSG-Kosmos waren - es war quasi der gesamte Club, der Tuchel in öffentlichen Äußerungen klar ablehnte, bevor er überhaupt seinen Job angetreten hatte. Henrique boykottierte ihn dann auch ganz offen, wo er nur konnte, nicht nur bei bereits so gut wie perfekten Transfers wie J. Boateng. Am Ende der ersten Saison musste Henrique dann gehen, weil er die Mannschaft mit hinein gezogen hatte.

Sein Nachfolger Leonardo war dann noch einmal ein noch größeres Kaliber, was die a-priori-Ablehnung Tuchels anbelangte. Zumal er immer betont hatte, nur mit Trainern zusammenzuarbeiten, die er selbst eingestellt habe. Mit Amtsbeginn postulierte er den CL-Sieg als Bedingung für einen Verbleib Tuchels, die drei nationalen Titel seien ohnehin obligatorisch (die aber von den Vorgängern Tuchels auch nicht unbedingt in einer Saison gewonnen wurden). Bei den ersten Anzeichen, diese Ziele nicht zu erreichen, müsse Tuchel gehen.

Leonardo war im übrigen deshalb (zurück)geholt worden, weil er mttelfristig Messi zum PSG lotsen sollte. Dazu bedurfte es einer weiteren ‚Latinisierung‘ des Kaders, über kurz oder lang auch der Trainerposition. Messis Wünsche sollten erfüllt werden.

Eine gedeihliche Zusammenarbeit war da sicherlich nicht möglich. Leonardos Pech war, dass Tuchel es aber trotz allem internen Störfeuer nicht nur schaffte, die Diven wie Neymar, Mbappé oder Di María trotz persönlicher Animositäten in das Spiel der Mannschaft gewinnbringend zu integrieren, sondern auch junge Talente zu entwickeln und einzubauen. Er formte eine schlagkräftige Truppe, die auf dem Platz erfolgreich als Mannschaft agierte. Leonardo musste dann auch sukzessive zurückrudern und gab dann offiziell zunächst das Erreichen des CL-Finales, dann des Halbfinales als für einen Verbleib Tuchels notwendigerweise zu erreichendes Ziel an.

Die Saison endete coronamaßnahmenbedingt vorzeitig; der PSG wurde (quasi nicht einholbar an der Spitze liegend) wurde zum Meister erklärt und gewann nach der langen Coronapuse auch die beiden nationalen Pokalendspiele. Im CL-Endturnier erreichte man dann das Finale, in dem man ein gleichwertiger Gegner der Bayern war. Bayern gewann knapp mit 1:0, das Ergebnis hätte allerdings auch anders ausfallen können. So nah war man dem ersehnten CL-Sieg noch nie.

Als dann gegen Ende der Hinrunde eine durch die Belastungen nachvollziehbare leichte Schwächephase in der Meisterschaft der PSG nicht an der Tabellenspitze stand (aber auf ‚Tuchfühlung‘ war‘, nutzte Leonardo die Gelegenheit, um Tuchels Demission durchzusetzen. Schließlich war es ja sein Auftrag, den Weg für den Transfer Messis zu ebnen. Und Messi, der mit dem Namen Tuchel nichts anfangen konnte, wollte unbedingt seinen Landsmann Pochettino als Trainer und dieser war nach seiner Demission bei den Spurs ohnehin auf dem Markt.

Die Demission Tuchels war der vielleicht größte Fehler des PSG hinsichtlich der Erreichung der ambitionierten sportlichen Ziele des Clubs. Mbappé bedauerte die Trennung von Tuchel öffentlich und bedankte sich bei ihm. Selbst Neymar, aber auch andere Spieler äußerten sich äußerst positiv über Tuchel. Und das sowohl auf das Fachliche, als auch den Umgang mit den Spielern bezogen. Gigi Buffon bezeichnete es im Nachhinein als falsch, dass er den PSG verlassen habe, da er noch keinen Trainer erlebt habe, bei dem man so viel lernen könne. Selbst er als Torwart und in seinem hohen Fußballeralter.

Pochettino, Leonardo und Messi sind mittlerweile Geschichte. Den erhofften Erfolg haben sie dem Club ebensowenig gebracht wie bis dato deren Nachfolger. Und beim PSG sieht man die Demission Tuchels als Fehler an.

Wie übrigens auch der neue Besitzer Chelseas, wo Tuchel als Trainer die CL gewonnen hatte. Der wollte ‚4-4-3‘ spielen lassen, hatte (neben seinem fachlichen Ausrutscher) aber keine Ahnung von der Zusammensetzung des Kaders. Als Tuchel auf die Kaderthematik hinwies, durfte er seinen Hut nehmen.

Bei Bayern war es ähnlich wie bei Chelsea. Diejenigen, die ihn eingestellt hatten, waren plötzlich nicht mehr da. Und derjenige, der nun wieder das Sagen hatte, hätte ihn nie eingestellt. Entsprechend wurde Tuchel dann in seiner Arbeit intern nahezu boykottiert. Und musste dann gehen, als sich die Gelegenheit ergab.

Persönlich bin ich kein Freund eines Trainers Thomas Tuchel. Seine fachliche Kompetenz (die auch stark vom notwendigen Pragmatismus geprägt ist) sehe ich allerdings schon sehr deutlich und bezüglich der Einschätzung seiner Zusammenarbeit mit anderen Verantwortlichen in einem Club sowie hinsichtlich des Umgangs mit seinen Spielern bin ich schon sehr dafür, seine einzelnen Stationen sehr differenziert zu betrachten. Und nicht aus Antipathie oder Sympathie heraus sich die Dinge pauschal so zurechtzulegen, wie sie einem in das eigene Bild passen (womit ich ausdrücklich nicht Dich meine).


Antworten auf diesen Eintrag:



gesamter Thread:


1262923 Einträge in 13925 Threads, 13995 registrierte Benutzer Forumszeit: 09.06.2024, 04:49
RSS Einträge  RSS Threads | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Forumsregeln