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Tschüss, Steinkohle + Dortmund (Fußball und Sport allgemein)

Kris, Freitag, 21.12.2018, 15:23 (vor 2558 Tagen) @ chief wiggum

Ich würde mich freuen, wenn wir heute im Stadion eine würdige Verabschiedung der Steinkohle hinbekommen und es nicht nur bei den Trikots belassen.

Das wäre wirklich sehr schön.

Dieser historische Tag heute hat mich schwer angefasst, weil einige Jahrzehnte deutscher Geschichte ein Ende gefunden haben. Ob Steinkohlebergbau und -verfeuerung unzweifelhaft zu Umweltproblemen geführt haben, darum geht es mir bei meinen etwas sentimentalen Gedanken im Moment nicht.

Ich denke zurück an meinen Vater zu einer Zeit, als ich noch ein Kind war. Seit er 16 war, fuhr er täglich aus einem Dorf im nördlichen Saarland zusammen mit vielen anderen mit dem Bus zur Grube (so hieß die Zeche bei uns). Der blaue Bus für die Kumpels, der rote für die Hüttenarbeiter.

Was mich stets und bis heute beeindruckt hat, waren die Begegnungen mit den französischen Nachbarn in Lothringen. Die sogenannten „Erbfeinde“ (Deutsche/Franzosen) arbeiteten unter Tage in denselben Steinkohlelagern, hatten dieselben Arbeitsbedingungen. Gab es ein Unglück in Deutschland, fieberten die Kumpel auf der anderen Seite der Grenze genauso um das Überleben der Verschütteten mit wie umgekehrt. Auch später, als die Gruben stillgelegt wurden, dieselbe Solidarität, um das Unvermeidbare aufzuhalten. Gespräche darüber mit Lothringern auf der Straße bei Ausflügen hinter die Grenze sind mir noch in guter Erinnerung.

Der Steinkohlebergbau hat ganze Landstriche ernährt, insbesondere in strukturschwachen Regionen wie im Saarland und in Lothringen. Unglaublich, was die Leute damals unter der Erde geleistet haben. Noch ohne technische Voraussetzungen wie es sie heute gibt. Und an einem sehr gefährlichen Arbeitsplatz. Diese allgegenwärtige Gefahr schweißte die Menschen zusammen. Unvergessen das Unglück aus dem Jahr 1962 auf der Grube Luisenthal mit fast 300 Toten. Noch heute redet man davon, im Saarland ist es jedem älteren Menschen ein Begriff.
https:// de.wikipedia.org/wiki/Grubenunglück_von_Luisenthal

Mein Vater hatte zum Glück nie solche Katastrophen zu verwinden, doch die Beklemmungen wurden im Laufe der Jahre nicht kleiner. Manchmal hatte er Alpträume, auch noch, als er älter und längst nicht mehr dort tätig war. Man hatte ihm bei einer Röntgenuntersuchung nach 20 Jahren unter Tage geraten, sich einen anderen Job zu suchen, was er auch tat. Seinen 70. Geburtstag hat er allerdings nicht mehr erlebt, zu lange hatte ihm die Staublunge zu schaffen gemacht.

Auch wenn es im Leben kein Wiedererleben vergangener Jahre gibt – heute ist für mich ein Tag der Rückschau und der Erinnerung an diese alten Zeiten, das damalige Lebensgefühl und an meinen Vater.
Auch wenn es auf Schalke war: Ich fand das Gedenken mit dem Steigerlied sehr ergreifend und schön.


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