Was ist am BVB so einzigartig? (BVB)

dan09, Dienstag, 02.08.2016, 19:28 (vor 2970 Tagen) @ Stromberg1975

Mal den Betreff geändert, da ich die Unterscheidung nicht nur auf den BVB begrenzen möchte.

Ich selber bin zum BVB gekommen, weil meine Familie aus dem Münsterland kommt und da schlicht nicht viel anderes in Frage kommt. Selber aufgewachsen am Niederrhein habe ich das Leben im Umfeld der Borussia nie 365 Tage miterlebt, aber immer wenn es irgendwo zu Besuch ging und auch heute noch zu meinen Eltern (welche glücklicherweise zurückgezogen sind). Vielleicht mal kurz an meiner Lebensgeschichte entlang was den BVB so einzigartig gegenüber anderen Clubs macht:
Kindheit und Jugend: Aufgewachsen in einer Pony-Bastion, war hier der Unterschied vielleicht nicht ganz so extrem. Die schlechtesten Fans haben die Gladbacher (bei aller meiner Abneigung) nun wirklich nicht. Und ich habe in meiner Jugend so manchen Abstieg und übergeschnappten Präsidenten bei denen mitbekommen. Ganz an den BVB ran kommen sie nicht, aber immerhin, die Tradition der Fohlenmannschaft ist bis heute noch greifbar (da braucht man nur abends in ne Kneipe gehen und die älteren Herren erzählen einem die Storys von Netzer mit Pornomatte und Ferrari).
Lustig dagegen war aber in der Oberstufe, da versuchte unser junger Sportlehrer (der von der Sporthochschule Köln einen Kumpel bei Bayer hatte) uns immer wieder Freitickets für CL anzudrehen. Leverkusen um die Jahrtausendwende hat den wohl attraktivsten Fußball gespielt und obwohl Leverkusen von Viersen aus nicht weit weg ist, wollte kein Schwein die Tickets haben. Ich kannte dort auch keinen einzigen Leverkusenfan. Die Kumpels sind dann lieber Montagabends zum Bökelberg gepilgert.
Studium: In Aachen stark von dem Aufstieg der Alemania und den vielen verrückten aus dem Umland (meist FC Köln) geprägt. Beide Fanlager sind ebenfalls vollkommen fußballbescheuert und vor allem leidensfähig. Interessant fand ich hier eher, dass die Liebe zu den Vereinen mit einem ganz starken Lokalpatriotismus gekoppelt ist. Beim BVB ist eher eine Liebe direkt zum Verein.
Während meines Jahres in Madrid gab es dann dort eine völlig neue Erfahrung. Die Spanier bzw. die Madrilenen sind ebenfalls vollkommen fussballverrückt, nur eben anders als in Deutschland. Eine Dauerkarte ist eher ein Statusobjekt und allgemein herrscht die Meinung vor dass man von den Spieler gefälligst eines schönes Spiel sehen will. Identitätsstiftend ist aber definitiv auch die Vergangenheit der Vereine, der Lokalpatriotismus und kombiniert auch die Geschichte Spaniens in welcher jeder Verein seine Rolle gespielt hat. Gerade 2010 als ich da war, hielt das inmitten der heftigen Wirtschaftskrise aber auch Real- oder Barca-Anhänger nicht davon ab die Multimillionentransfers Ibrahimovic, Ronaldo, Kaka und co. auszupfeifen wenn sie mal schwächere 30 Minuten gespielt haben. Da kamen immer schnell die Sprechchöre der scheiß Millionäre.
Nach dem Studium: Mich hat es später dann nach Hannover gezogen, einer Stadt mit einem deutlich schlechteren Ruf als sie tatsächlich ist. Bezogen auf H96 habe ich anfangs die Welt nicht verstanden (schon bevor sich eine starke Anti-Kindt-Fraktion gebildet hat). Der Verein hat (trotz einer Historie) eigentlich den Freizeitwert des Zoos, des Theaters oder wahlweise einer anderen Freizeitaktivität. Die meisten 96-Fans (selbst mit Dauerkarten) die ich kennengelernt habe hatten immer irgendwie noch einen Zweitverein mit welchem sie gefiebert haben bzw. fiebern (der BVB ist hier recht stark). Genausogut konnte man die letzten Jahre (seit Mai ja nicht mehr) Samstags 15:00 irgendwo in der Stadt unterwegs sein ohne zu merken dass 96 gerade ein Spiel hat. In Dortmund völlig undenkbar. ca. 50 km östlich in Braunschweig dagegen hat man durchaus eine ausgeprägte Fußballkultur. Und Wolfsburg? VW versucht halt verkrampft irgendwie die Stadt interessant zu machen. Outlet, Erlebnisbad, Eishockey, Fussball, Konzerte etc. etc. meine Kollegen leben trotzdem lieber in Berlin oder hier in Hannover. Mehr muss man über den VFL nicht sagen ;-)