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Schweizer Riegel (WM / EM aktuell)

Will Kane, Biosphärenreservat Bliesgau, Sonntag, 07.07.2024, 13:19 (vor 518 Tagen) @ Habakuk

Was ist daran krass? Zumindest die Schweiz und Österreich sind sonst auch nle unter den letzten vier. Gut, Österreich 1954 mal :)


Und da haben sie vorher im Viertelfinale gegen die Schweiz hart um das Weiterkommen kämpfen müssen. Endstand 7:5 nach 0:3 - Führung der Schweizer.

Die Schweiz hatte vorher sensationell Italien mit einem 4:1-Sieg aus dem Turnier geworfen.


Da war noch was los auf dem Platz. Der Toreschnitt 1954 lag bei 5,38 Toren pro Spiel. Legendär sind natürlich die Spiele der Deutschen gegen Ungarn (3:8) und die Türkei (7:2), aber auch das Halbfinale gegen Österreich (6:1). Wenn man das mit dem Schnarchnasenfußball von 2024 vergleicht...

Die WM 54 war übrigens wenn man so will die Geburtsstunde des italienischen Defensivfußballs, der im Catenaccio Helenio Herreras seinen von vielen als unschön angesehenen Höhepunkt fand und über Jahrzehnte nachwirkte.

Die Schweizer wurden damals vom Österreicher Karl Rappan trainiert, der bereits als Clubtrainer von Servette Genf ein Spielsystem einführte, dass nicht wie im die damals üblichen WM die Aufstellung des Gegners spiegelte und prinzipiell offensiv ausgerichtet war. Vielmehr sah Rappan, dass das WM-System Teams mit individuell starken Fußballern bevorteilte und Mannschaften mit weniger guten Fußballern keine wirkliche Chance gegen entsprechend überlegene Teams hatten.

Rappan Grundidee war, mit einem auf mannschaftlicher Kompaktheit beruhenden System, in dem jeder einzelne Spieler wie ein Zahnrad funktioniert, fußballerisch überlegenen Mannschaften Paroli zu bieten und diese auch schlagen zu können. Kloppo war also beileibe nicht der erste mit einem solchen Grundgedanken.

Dieses System Rappans war vor allem durch das Zurückziehen der damaligen Mittelläufer in und hinter die Abwehrreihe gekennzeichnet, sodass man ohne konkrete Manndeckung einen, genauer gesagt sogar zwei Abwehrriegel mit einem Ausputzer dahinter bildete. In Europa ein Vorläufer der Raumdeckung und eine Position, aus der sich später der Libero entwickeln sollte.

Genannt wurde das Ganze ‚Schweizer Riegel‘, nachdem Rappan dieses System als Nationalcoach auch in der Schweizer Nationalmannschaft eingeführt hatte, Zu diesem System gehörte auch, dass der Torerfolg über Konter gesucht wurde, was damals alles andere als üblich war.

Mit diesem System düpierten die Schweizer die italienische Elf bei der WM 54, was in Italien zu herber Kritik am Nationalcoach und der Squadra Azzura führte. Was sich noch steigerte, als man sich für die WM 58 noch nicht einmal qualifizieren konnte.

Derweil hatten kleinere Clubs in Italien Rappans System übernommen und dieser Defensivfußball wurde auch in Italien als legitimes Mittel der kleineren Clubs mit fußballerisch unterlegenen Mannschaften angesehen. Die großen Teams in Italien spielten wie seinerzeit üblich weiter offensiven Fußball.

Erst als Helenio Herrera als Trainer von Inter seitens der Clubführung die Demission drohte, weil der erhoffte Meistertitel ausgeblieben war und er sich in der laufenden Saison keine weitere Niederlage erlauben durfte, übernahm er kurzerhand diesen Spielstil auch für sein Team und entwickelte ihn zum berühmt-berüchtigten Catenaccio weiter. ‚Grande Inter‘ war geboren, hatte national und international herausragenden Erfolg und dieser Spielstil wurde von anderen italienischen Spitzenteams und der Nationalmannschaft übernommen.


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