schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
A- A+
schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
Startseite | FAQ | schwatzgelb.de unterstützen
Login | Registrieren

Matthias Sammer: „Mich ekelt das mittlerweile an, so werden wir keine Champions mehr“ (BVB)

uwelito, Wambel forever, Dienstag, 08.07.2025, 18:46 (vor 160 Tagen) @ Basti Van Basten

Aber dass ihm der „Osten“ im Zusammenhang mit „konstruktiver Kritik“ in den Sinn kommt, ist bemerkenswert. In diesem Freiluftgefängnis war nämlich Kritik in keiner Form erwünscht.


Na da hat die westdeutsche Propagandamaschine bei dir ja ganze Arbeit geleistet, wenn du das so siehst.

Ich kenne deine Vergangenheit nicht, aber all das, was du da an Sammers Aussage kritisierst ist unwahr. Ja, Systemkritik war verboten, aber konstruktive Kritik wurde - wobei ich das natürlich nur über meinen Lebensmittelpunkt sagen kann - immer gefordert und sogar mit Auszeichnungen bedacht. Aber ein ganzes Land pauschal als Freiluftgefängnis zu bezeichnen, ist beleidigend und wird der Lebenswirklichkeit in der DDR nicht ansatzweise gerecht.

Ich habe in West- Berlin gelebt, letzte Wohnung vor Auswanderung nach Kuba (ein weiterer Unrechtsstaat) war Weichselplatz 5 in Neukölln, direkt an der Mauer. Die ältere Dame auf der anderen Seite der Mauer winkte von ihrem Balkon immer so, dass die Genossen sie von ihrer Seite der Straße aus nicht sehen konnten. Hätte ja jemand als Systemkritik interpretieren können, so ein subversives Zuwinken. Ansonsten war ich ab und zu mal in Berlin (Ost) , der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik, nachdem ich 25 D-Mark in 25 Mark umtauschen durfte. In der West-Berliner U-Bahn, z.B. zwischen Kreuzberg und dem Wedding, durfte ich in den gesperrten U-Bahnhöfen, die unter dem Gebiet Ost-Berlins lagen, die mit Kalischnikows bewaffneten VoPos bewundern, wie sie heldenhaft den Arbeiter-und Bauernstaat vor einem potenziellen imperialistischen Angriff schützten. Meine Meinung über die DDR ist weniger geprägt von Löwenthals ZDF-Magazin als von der Beobachtung der sozialistischen Realität. Dass man sich seine eigene Rolle in einem solchen System in der Nachbetrachtung schönredet, sie relativiert und sie rechtfertigt, ist ein typisches Phänomen. Das hat Sammer gemacht und ich finde das auch gar nicht verwerflich. Unlauter war es, dass er sein Verhalten als „alternativlos“ bezeichnet hat. Das war es natürlich nicht und seine Aussage ist mit Blick auf Leute wie z.B. Wolf Biermann oder irgendeinen unbekannten mutigen Studenten, der nicht die Klappe gehalten hat, respektlos. Schlimmer als Sammers Aussage ist aber deine. Denn Du rechtfertigst ja nicht dein eigenes mutloses Verhalten, sondern redest diesen gigantischen Repressionsapparat auch noch schön. Den Begriff Freiluftgefängnis habe ich mir übrigens von Kowalczuk geliehen. Er richtet sich natürlich nicht gegen die dortige ehemalige Bevölkerung, sondern gegen die Unterdrücker und ihre aktiven Komplizen. Ich kann jedem, der an der Realität des Lebens in der DDR interessiert ist, Ilkos Bücher nur empfehlen. Insbesondere auch sein bisher letztes, mit dem Titel Freiheitsschock. Der Ordnung halber will ich noch abschließend anmerken, dass es natürlich ein absurder Widerspruch ist zu behaupten, konstruktive Kritik wäre sogar erwünscht gewesen, nur eben nicht am politischen und gesellschaftlichen System. Denn dieses System selbst war ja der Auslöser für die unzählbaren sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Probleme, die es in der DDR gab.


Antworten auf diesen Eintrag:



gesamter Thread:


1514773 Einträge in 16266 Threads, 14349 registrierte Benutzer Forumszeit: 16.12.2025, 00:08
RSS Einträge  RSS Threads | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Forumsregeln