Wie rechts ist eigentlich Springer (Politik)

Ulrich, Dienstag, 19.10.2021, 11:08 (vor 1522 Tagen) @ Sascha

Naja, die Antwort "Aus Protest" auf die Frage, warum man die AfD wählen würde, klingt eben vor einem selbst und für alle anderen besser als ein ehrliches "weil ich Ausländer hasse".

Es gab im Spiegel vor einiger Zeit einen Bericht über den Ort Dorfchemnitz. Der hat traurige Berühmtheit erlangt, weil die AfD dort bei den Erststimmen auf über 50 Prozent gekommen ist. Vor acht Jahren lag die CDU dort noch bei 70 Prozent. Für mich unfassbar und völlig inakzeptabel. Aber trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass der eine oder andere aus Frust, Trotz oder "weil es die anderen auch tun" sein Kreuz bei der AfD gemacht hat.

Der Autor stammt in der Region und hat Verwandte im Dorf. Als Ursachen für das Ergebnis wurden ihm "Coronapolitik" und "die Diskussion um die Impfungen" genannt. Zudem hat der Landkreis wohl massive Fehler gemacht. Das Impfzentrum wurde an den Rand des Flächenkreises gelegt, in den ersten Stock eines Gebäudes ohne Aufzug. Viele ältere, stark gehbehinderte Menschen mussten zunächst ohne Impfung umkehren, und das nach anderthalb Stunden Fahrtzeit. Sie schafften es nicht die Treppe herauf. Später haben irgendwann Bundeswehrsoldaten die Leute nach oben getragen. Für Sachsen nicht untypisch, man hört häufiger von Verwaltungsversagen. Im Ort ist mittlerweile vieles dicht gemacht worden. Die Grundschule, die Sparkasse, mehrere Gasthäuser, das Lebensmittelgeschäft. Auch Busverbindungen wurden deutlich reduziert. Nur mit viel Glück hat man eine neue Ärztin im Ort, und die sitzt in einem maroden Gemeindebau, bei dem es durch die Decke regnet. Für die Probleme wird die sächsische CDU verantwortlich gemacht. Teilweise vermutlich zu Recht, aber man zieht leider die falschen Schlüsse. Dazu viel Selbstgerechtigkeit nach dem Motto "Hier ist niemand rechts!", man fühlt sich missverstanden, und, und, und.

Natürlich ist ein beträchtlicher Teil der AfD-Wähler auch dort rechtsradikal. Mindestens in dem Sinne, dass man nicht wirklich in der Demokratie angekommen ist. Das ist ein wesentlicher Aspekt, aber sicherlich nicht der einzige.