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Der Versuch einer Bilanz (nach 9 Pflichtspielen), Teil 2 (BVB)

Bembele, Münster, Mittwoch, 16.10.2024, 11:34 (vor 1 Tag, 17 Stunden, 59 Min.) @ Bembele

Der Trainer scheint seine Mannschaft bisher ganz offensichtlich nicht zu erreichen. „50-60 Analysen“, so sagte Sahin in der Woche vor dem Union-Spiel, habe er mit dem Team in der bisherigen Saison abgehalten. Wo ist da der Ertrag, fragt man sich berechtigterweise. Nach dem glücklichen Auftaktsieg gegen Frankfurt, wollte Sahin 'wichtige Aufschlüsse für Verbesserungen' erhalten haben. In Bremen sah man einen ähnlich zähen, unattraktiven Versuch von Ballbesitzfußball. In Brügge wurden sie beim sehr glücklichen Sieg sehr oft ausgekontert, immer wieder nach leichten Ballverlusten im Aufbauspiel. Deshalb mahnte der Trainer, na klar, eine klare Analyse und Verbesserungen im Verteidigungsverhalten an.

Diese Verbesserungen sollten wenige Tage später in Stuttgart greifen (mit sogar drei Innenverteidigern, allesamt Nationalspieler). Deshalb war der Trainer auf der PK sehr optimistisch und sagte: „Ich habe das Gefühl, dass wir mit einem Mindset da hinfahren, dass wir da ein anderes Gesicht (als letzte Saison) zeigen wollen, dass wir als Borussia Dortmund auch den Anspruch haben, in Stuttgart gewinnen zu wollen und gewinnen zu können. Und daran lassen wir uns auch messen.[!] Und wir werden dort hinfahren mit voller Selbstvertrauen mit unserer Spielidee [!] und wollen das Spiel gewinnen. Wir werden da sein, wollen unser Spiel durchdrücken. [!]. Ich glaube schon, dass das ein gutes Spiel sein wird; und mal schauen, es wird gut.“

Das klang alles sehr mutig und selbstbewußt von einem Trainer, der, wie er kürzlich selbst gestand „von sich und seinem Spielsystem eine sehr hohe Meinung“ hat. Dass in Stuttgart aus den Ankündigungen (und trotz der Stuttgarterfahrungen des letzten Jahres) nichts wurde und zwar „von der ersten bis letzten Minute die Basics fehlten“ (O-Ton Sahin nach dem Spiel) hat alle im Umfeld aufgeschreckt. Für Sahin („So ein Gesicht will ich nicht wieder sehen und das kann ich nicht akzeptieren“ ) hatte „nichts darauf hingedeutet im Training“.

So stellt sich für den Außenstehenden die Frage, was in der Spielvorbereitung, der Ansprache direkt vor dem Spiel falsch läuft im Trainerteam. Denn der Trainer ist letztlich – Spieler-Millionäre und ihre Selbstmotivation hin oder her – entscheidend verantwortlich, mit welcher Einstellung die Spieler auf den Platz gehen. Wenn dann „gefühlt nicht ein Zweikampf gewonnen wird“ (so Sahin in Stuttgart), dann sollte sich der Trainer und seine Methoden, Aufstellungen, Matchplänen auch selbst hinterfragen und nicht nur wiederholt verkünden: „Gehen Sie davon aus, dass wir alles analysieren, ganz klar ansprechen.“ Und: „Noch klarer, wie wir das Spiel gegen Stuttgart analysiert haben, geht es nicht.“

Offenbar haben die Spieler den Analysen des Trainers nach dem Stuttgartspiel entweder nicht zugehört, nicht verstanden oder nur nicht umsetzen können, denn im nächsten Spiel gegen den Tabellenletzten Bochum war das Entsetzen nicht nur bei Watzke, Sammer, Ricken und Co auf der Tribüne sehr groß, als der Bochumer Spieler Boadu in der 33. Minute von der Mittellinie allein auf dem Weg zum sicheren 3:0 war. „Der Killermoment“, wie Sahin hinterher zugab, oder wie Ricken es im Sportstudio sagte: „Wenn das 3:0 fällt, wäre das Spiel wohl gelaufen gewesen.“ Von einer allseits erwarteten und vom Trainer angekündigten Reaktion/Wiedergutmachung war also wenig zu sehen in der ersten Halbzeit. Wie kann das sein, das sich besonders das Aufbauspiel und das Verteidigungsverhalten (diesmal nur mit zwei Innenverteidigern) wieder nicht funktionierte nach den ausführlichen Analysen. Was wurde denn trainiert danach, welch bessere taktische Marschroute ausgegeben, welche Ansprache wurde gehalten?

Und nun in Berlin dasselbe Bild: Wieder fühlte sich der Trainer „gut vorbereitet“ und wisse „was uns hier (an der Alten Försterei) erwartet“, um dann nach dem Spiel wiederholt eingestehen zu müssen, dass „wir in der ersten Halbzeit überhaupt nicht ins Spiel reingefunden haben“ und: „es ärgert mich maßlos, dass wir hier so eine 1. Halbzeit spielen“, welche er nach Stuttgart nie wieder sehen wollte. Der Union-Spieler Vogt, der an dem Tag mit Glück an der roten Karte vorbeischrammte, erklärte (für die Beobachter des BVB nicht überraschend) das einfache Rezept gegen Dortmund: „Wir wußten, dass die Dortmunder nicht mögen, wenn man mit Intensität und Leidenschaft in die Zweikämpfe geht.“

Fazit: Sahin, obwohl er den Kader (bis auf die 4 Neuzugänge) seit 10 Monaten trainiert, überfordert den Kader mit seinen Spielideen oder erreicht die Spieler in den Analysen und der direkten Ansprache (gerade direkt vor dem Spiel) nicht richtig. Gravierende Fehler im taktischen Bereich (z.B. Adeyemi als Mittelstürmer), relativ späte Auswechslungen und wenige Wechsel in der Startformation trotz mangelnder Leistung einzelner Spieler kommen hinzu.

Es gab allerdings ein Spiel, bei dem der BVB – zu Hause – wegen des Kamikaze-Pressings des Gegners Celtic überhaupt nicht zum 'Ballbesitzspiel' kam (nahezu ausgeglichener Ballbesitz im Heimspiel!) und deshalb zu ungewohnten langen Schlägen aus der Abwehr heraus und so zu vielen Blitzkontern mit Torerfolg 'gezwungen' war, so wie auch schon wenige Jahre zuvor die Teams aus Barcelona und Paris gegen Celtic (mit ebenfalls erzielten 7 Toren). Bezeichnend, dass dieser Konterfußball gegen einen, zugegeben etwas limitierten Gegner zum besten Spiel der Saison führte. Ein Spielstil, der für den BVB mit seinen schnellen Spielern und mehr Platz in des Gegners Hälfte offensichtlich etwas besser geeignet erscheint (zumindest in manchen Partien).

Sahin ist noch jung und ihm fehlt ganz offensichtlich etwas mehr Erfahrung und die Einsicht, mal etwas von seiner Spielphilosphie abzuweichen, wenn der Kader das nicht hergibt. Es wird spannend, zu verfolgen, wie er sich nun entwickelt. Er hat alle Möglichkeiten, vermutlich als BVB-Urgestein auch etwas mehr Zeit als andere Trainer.


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