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Katalonien und die Unabhängigkeit (Sonstiges)

Alones, Mittwoch, 20.09.2017, 17:55 (vor 2408 Tagen) @ AdamSmith

Grundsätzlich bin ich dafür, dass sich eine Region von einem Land abspalten kann. Das Völkerrecht ist da auch eindeutig.

Das ist so nicht richtig, Grundsatz des internationalen Rechts ist die territoriale Souveränität der Staaten (hier Spanien). Das ist auch in den EU-Verträgen festgeschrieben.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat im Falle des Kosovo eindeutig entschieden, dass sich eine Region auch einseitig abspalten kann. Dieses Urteil wurde von fast allen EU-Mitgliedern akzeptiert (außer Spanien). Das Selbstbestimmungsrecht der Völker gilt sogar als Menschenrecht. Ich wüsste nicht, warum das hier nicht gelten sollte. Der Fall ist aus völkerrechtlicher Sicht meiner Meinung nach eindeutig.

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker muss auch hier gelten. Dementsprechend kann ich auch nicht nachvollziehen, wenn mit dem spanischen Recht argumentiert wird.

Was ist das Volk? Aktuell ist das Volk alle Spanier, also Madrilenen, Katalanen, Andalusier, ... Genauso wie in Deutschland die Deutschen das Volk stellen und nicht die Westfalen, Rheinländer, Bayern,... Eine solche Sichtweise ist arg nationalistisch, völkisch. Nicht umsonst sind die nationalistisch ausgerichten unabhängigkeitsbefürworter auch sehr stark in Katalonien.
Es müsste sich zunächst das Volk, also alle Spanier, auf eine neue Form des zusammenlebens einigen.

Das Volk ist das, was sich für das Volk hält. Alles eine Frage der Perspektive. Manche sehen sich als Europäer, andere als Deutsche, und andere wiederum als Westfalen. Man kann auch alles auf einmal sein. Das muss jeder für sich selbst entschieden. Wenn man sich in Katalonien nicht als Spanier fühlt und das gegenwärtige Staatenkonstrukt ablehnt, ist das aus meiner Sicht eine vertretbare Haltung.

Und nein, eine solche Sichtweise ist nicht nationalistisch. Grundsätzlich geht es darum, wie man einen Staat gestalten möchte. Wenn sich das nicht mit anderen Interessen vereinbaren lässt, ist es nicht nationalistisch zu sagen, dass man raus möchte. Wenngleich im Falle Kataloniens natürlich starke nationalistische Tendenzen gegeben sind, aber das ist ein anderes Thema. Grenzen sind kein Naturgesetz und können sich jederzeit verschieben. Ich wüsste nicht, warum es in Stein gemeißelt sein sollte, dass das heutige Spanien auf Ewigkeit in seinen aktuellen Grenzen bestehen bleibt.

Denn genauso gut könnte man sagen, dass das spanische Recht gegen geltendes internationales Recht verstößt.

Die Ausnahme -ein Recht auf Abspaltung- kann gelten, wenn es anders nicht möglich ist, schwere Verstöße gegen Grund- und Menschenrechte einer Volksgruppe zu beheben. Das sehe ich in Katalonien nicht. Nicht mal im Ansatz.

Du siehst es vllt. nicht, andere vllt. schon. Oder hast du mit jedem Katalanen gesprochen, ob er oder sie sich von der Zentralregierung anständig behandelt fühlt? Ob begründet oder nicht, wenn das subjetive Empfinden da ist, dass man "diskriminiert" wird, muss man das eben akzeptieren. Das Völkerrecht, ohne mich da jetzt viel eingelesen zu haben, lässt da aus meiner Sicht auch recht viel Spielraum, was man alles unter Diskriminierung verstehen kann.

Wenn Katalonien also unbedingt seine Unabhängigkeit will, dann sollen sie ihr Referendum bekommen.

Wir sind hier nicht bei "wünsch dir was", sondern leben im Rechtstaat mit geltenden Gesetzen.

Und genau darum möchte ich, dass internationales Recht respektiert wird. Es hat nichts mit "Wünsch dir was" zu tun, wenn man auf ein Menschenrecht besteht.

Problematisch ist die Sache natürlich dennoch. Ich habe im Moment einen Mitbewohner aus Madrid und der argumentiert z.B. so, dass Katalonien Jahrzehnte lang finanzielle und wirtschaftliche Unterstützung aus Madrid bekommen hat. Und jetzt, wo es der Region etwas besser als dem Rest des Landes zu gehen scheint, möchte man sich aus dem Land verabschieden und sein eigenes Süppchen kochen. Das wird als hochgradig unsolidarisch angesehen. Aus diesem Grund müsste zunächst einmal geklärt sein, wie eine solche Unabhängigkeit überhaupt genau aussehen soll, sprich wer dann noch wem etwas schuldet, etc. Hier gibt es klare Versäumnisse auf Seiten der katalonischen Separatisten.

Das historische wirtschaftliche Argument ist ein Argument, das gegen die Unabhängigkeit spricht. Auch aktuell sind die Zuweisungen der Zentralregierung höher als der katalonische Anteil am Steueraufkommen.

Wenn den Menschen ihre Unabhängigkeit allerdings wichtiger, als ihre eigene wirtschaftliche Situation ist, ist das eben so. Die beste Lösung wäre gewesen, wenn sich die spanische Regierung auf Verhandlungen eingelassen hätte. Gesetze kann man auch ändern. Dann hätte man zumindest genau ausgestalten können, wie eine solche Unabhängigkeit aussehen könnte. Jetzt wird das Ganze wohl einseitig geschehen und zu gewaltigen politischen Verwerfungen führen.


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