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Die Bundeswehr braucht dringend Munition – doch so schnell geht das nicht (Politik)

Ulrich, Dienstag, 29.11.2022, 20:21 (vor 485 Tagen) @ Franke

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/munitions-gipfel-im-kanzleramt-so-schnell-geht-das-nicht-a-61a020b2-5ce4-49e2-bfb8-3b8b9a3a36e7

Vielleicht ist hier im Forum der/die ein oder andere unterwegs und aktiv bei der Truppe und kann mal was aus dem täglichen Dienst zu dem Schlamassel sagen...danke schon mal.

Ich erinnere mich an die BW Zeit 88/89 wo wir gut gefüllte Munitionslager bewachen mussten (schön um drei Uhr morgens durch die Wälder latschen oder auch nicht ;-) ). Beim Übungsschießen wurde gefühlt jede Patrone einzeln abgezählt und wehe es fehlte eine.


1990 mal zwischen Bunkern rumgelaufen. Aber keine Ahnung, wie gut gefüllt die waren.

Bis zum Ende des Warschauer Paktes war die NATO auf die Möglichkeit eines "großen" Kriegs in Europa eingestellt. Auch wenn man den für sehr unwahrscheinlich hielt, wollte man darauf vorbereitet sein. Alleine schon, um dieses Szenario weiter unwahrscheinlich zu halten. Das heißt nicht, dass die Bundeswehr damals eine "High-Tech-Armee" war. Es gab zwar sehr viel Material, auch viel "Altmetall". Die Arsenale waren voll. Ich war Anfang der Achtziger Wehrdienstleistender in einer Nike-Hercules-Batterie. Wir haben auf Kreta eine unserer Raketen geschossen. Zunächst saßen wir im Bunker, vor uns sollte eine Hawk-Einheit in einer nebenan gelegenen Stellung feuern. Die hatten allerdings ein Misfire. Also mussten wir so lange im Bunker warten, bis eine Sicherheitszeitspanne abgelaufen war und jemand die Hawk-Rakete abgekoppelt hatte. Dann waren wir dran. Ebenfalls Misfire. Wir mussten ebenfalls warten. Währenddessen sah sich der NATO-Offizier, der das ganze beobachtete, die Unterlagen der Rakete an. Er schaute auf die Daten und meinte dann, dass die Batterien aus dem Jahr 1969 alle kaputt seien. Nachdem die Rakete dann abgekoppelt war, wurde die Batterie getauscht. Am nächsten Tat klappte es dann. Allerdings erreichte die Rakete statt Mach 3,5 nicht einmal Mach 2. Überalterter Festbrennstoff. In der UDSSR sah es damals vermutlich ähnlich aus, nur dass Russland dieses Material noch heute in der Ukraine einsetzt. Bei der Bundeswehr hingegen wurde das allermeiste verschrottet oder verkauft.

Auf dem Gelände im Abschussbereich hatten wir allerdings in auf dem Gelände verteilten kleineren Bunkern jede Menge Infanteriemunition deponiert.

Grundsätzlich hatte die Bundeswehr damals jede Menge Waffen und Material eingelagert. Bis hin zu kompletten Lkw, Panzern, etc. Die waren langzeitkonserviert - oder hätten es zumindest sein sollen. Ich meine, damals hatte die Bundeswehr mehr als 4.000 Kampfpanzer. Heute sind es nur noch ein paar hundert. Und bei den Schützenpanzern sieht es ähnlich aus. Die Flugabwehr ist komplett ausgedünnt, es gibt lediglich einige Patriot-Batterien. Gepard-Flak-Panzer sind komplett ausgesondert worden, und auch die Hawk-Batterien gegen Flugziele in mittleren und niedrigen Höhen sind nicht ersetzt worden.

Die Bundeswehr wurde komplett umstrukturiert. Man ging davon aus, dass ein Einsatz in Europa nicht mehr notwendig sei. Statt dessen stellte man sich auf Missionen wie in Afghanistan, im Kosovo oder in Afrika ein, teils auch unter UN-Mandat.Das erforderte einen kompletten Umbau der Truppe. Auch viele Waffensysteme mussten umgeplant werden, z.B. um sie in Flugzeugen transportieren zu können. Panzerungen z.B. wurden modular ausgelegt, ums sie getrennt vom eigentlichen Fahrzeug transportieren und dann vor Ort zu montieren. So etwas verteuerte die laufenden Rüstungsprogramme, zudem gab es vielfach von der Bundeswehr gewünschte weitere Änderungen, die zu Kostensteigerungen führten. Angesichts der Kürzungen im Verteidigungshaushalt hat man dann angefangen, bei der Beschaffung von Ersatzteilen und Munition zu sparen. Dies hat dann dazu geführt, dass z.B. lange Zeit kein einziges U-Boot der Bundesmarine einsatzbereit war, weil Ersatzteile fehlten und auch nicht zeitnah lieferbar waren. Dazu kam dann Missmanagement, die Gorch Fock z.B. ließ grüßen. Ähnlich sah es auch bei der Munition aus. Ich finde aktuell den Artikel nicht, aber im letzten Jahr der schwarz-roten Koalition waren im Haushalt 300 Millionen Euro für Munition vorgesehen. Die Ampel wollte diese Summe vor dem russischen Überfall auf die Ukraine auf 600 Millionen Euro aufstocken. Aktuell sind es über eine Milliarde, aber den Bedarf schätzt man wegen der deutlich erhöhten Mengen und der gestiegenen Preise auf 20 Milliarden. Lieferbar dürfte das meiste aber erst in einigen Jahren sein.


Es begann mit der Aussicht auf 18 Monate, wurde verkürzt auf 15 Monate und an Heiligabend kam der Brief mit der offiziellen Mitteilung der Verkürzung auf 12 Monate (die aber natürlich schon bekannt war), also Ende eine Woche später.


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