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Produktkosten Controlling, Deckungsbeiträge und Profite: (Corona)

Rupo, Ruhrpott, Samstag, 21.03.2020, 14:42 (vor 1516 Tagen) @ Schnippelbohne
bearbeitet von Rupo, Samstag, 21.03.2020, 14:46

Für andere Bereiche erwarte ich das eigentlich nicht. Da ist das eine simple Rechnung: Wie viel mehr kostet mich die komplette Produktion im Inland (nicht nur bezogen auf Löhne, sondern auch auf niedrigere Stückzahlen, die ich dann nicht so wirtschaftlich herstellen kann z.B. wegen niedrigerer Maschinenauslastung etc.)? Im Vergleich dazu: Wie hoch ist über einen längeren Zeitraum die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Pandemie, die dann meine Lieferkette für ein paar Wochen oder Monate unterbricht? In vielen Unternehmen dürfte diese Kosten-Risiko-Rechnung weiter zugunsten der internationalen Lieferketten ausfallen. Und so lange es sich nicht um systemrelevante Produkte handelt, spricht auch nichts dagegen.

Moin,
ganz interessantes Thema und ein sehr wichtiges dazu!
Die arbeitsteilige Welt ist an sich erst einmal nichts Schlechtes.
Hat es schon immer gegeben, dass wir Produkte unterschiedlich herstellen lassen.
Das Problem ist unsere Deckungsbeitragsbetrachtung und Profit orientiertes System.
Dieses verlangt immer mehr Deckungsbeitrag, also Profit auf das einzelne Produkt.
Simplifiziert wird dies gesteuert auf der Einnahmenseite über den Verkaufspreis und auf der Ausgabenseite über die Kosten.
https://www.plaut.com/docs/353-erfolgsrechnungen.pdf
Beide Seiten, VPRS und Kosten werden u.a. über das Produktkostencontrolling gemessen und gesteuert.
*
Wobei dem Verkaufspreis noch andere Dinge zugrunde liegen. Beispiel am Mobile Phone.
Ein IPhone kostet 1.000 Euro, ein normales Phone 100, 00 Euro. Das IPhone kann nicht 10 mal mehr, es besteht auch nicht 10 mal mehr aus Herstellkosten, es ist ein 10 mal mehr psychologischer Wert der ‚vom Markt‘ bezahlt wird.)
*
Die Verschiebung von Produktionsstätten hat elementar mit dem Produktkosten Controlling zu tun und zieht seine Berechtigung hieraus.
Angefangen hat es in den 70igern Jahren mit der Textilindustrie, dann kam Stahl, Kohle, Auto und nun im hohen Maße Konsumgüter. Das Paradoxe daran ist, dass ähnlich wie bei der Mär vom günstigen Atomstrom, Kosten der Umwelt und der sozialen Systeme (Lebenshaltung vor Ort) nicht in diese Kosten eingepreist werden!
Die klassischen Produktkosten für ein Fertigprodukt bestehen aus folgenden Dingen, im mehrstufigen Prozess.
Fertigprodukt A
Besteht aus Halbfabrikaten 1 und 2
Um die Halbfabrikate zu fertigen benötige ich:
- Rohstoffe
- Energie
- Arbeitskraft
- Maschinenleistung
- Gemeinkosten
- Andere Kosten
- Etc.
Das Ganze wird abgebildet in:
a) Arbeitsplänen: was wird auf welcher Maschine und in welchem Leistungsschritt gefertigt, mit welchen Zeiten und welche Kostenfaktoren.
b) Stücklisten: Aus welchen Komponenten besteht das Fertigprodukt und die darunter liegen Komponenten.
c) Kostenstellen und Leistungstarife: Was kostet der Arbeitsschritt bezogen auf die Leistungseinheit (Menge).
d) Materialstamm: Wie ist das Material im jeweiligen Werk abgebildet. Das ist ganz interessant da dasselbe Material in unterschiedlichen Werken (DE, Usa, China, etc.) unterschiedlich ausgeprägt ist. So können dann unterschiedliche Standardpreise bzw. gleitende Preise auf den Materialien in den unterschiedlichen Werken abgebildet werden.
Traditionell sind die Komponenten: Arbeit und Energie die Hauptkostentreiber!
Also haben sich dann die ganzen schlauen Leute in den Unternehmen gedacht: Ok, dann verlagern wir die Produktion eben dahin wo Arbeit und Energie am günstigsten ist um die Stückkosten runter zu bringen (Buchtipp an dieser Stelle: The Goal
https://www.buecher.de/shop/wirtschaft/the-goal/goldratt-eliyahu-m--cox-jeff/products_products/detail/prod_id/22102575/
es behandelt die Herabsenkung von Stückkosten bei möglichst wenig Rüstzeiten).
Als ein Beispiel: Die Produktion von Glasbehältern, die im 100% Reinraum gefertigt werden für Medizinprodukte (Tropfen als ein Beispiel).
Diese Produktion wird verlagert von Deutschland in Niedriglohnländer.
Warum sind die Lohnkosten niedrig? Weil der gesamte Lebensstandard sehr niedrig ist. Hat was mit den Kosten des Lebens zu tun. Fun Fact: Die Gemeinkosten aus dem Management werden nie gesenkt. Sprich, dass gesamte Management könnte ja auch in einen Niedriglohnsektor ziehen und von dort die Firma leiten, macht aber niemand weil man dort nicht leben möchte. Also zieht ‚nur‘ die Produktion um.
Dann ist noch die Energie niedrig, da Umweltstandards nicht gehalten werden und andere Dinge.
Interessanterweise ist der ganze Transport immer noch günstiger. Hängt auch damit zusammen, dass Kosten der Allgemeinheit wie die Verschmutzung der Meere durch die Containerschiffe nicht in die Produkte eingepreist werden.
In dem gelernten System der Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, etc. wird sich daran nichts ändern, so lange die Allgemeinkosten oder die Opportunitätskosten nicht vernünftig bepreist werden. Trump versucht die Auslagerung über Zölle und Tarife zu steuern, eine protektionistische Möglichkeit.
Ausweg:
1. Weg vom Deckungsbeitrag und Profit Denken.
2. Allgemeinkosten und die Opportunitätskosten mit kalkulieren.
3. Produkte die Systemrelevant sind wieder in der heimischen Wirtschaft herstellen lassen.
Und ganz klar eine Abkehr von Konsum der nicht notwendig ist und vom kapitalistischen System, also allen voran eine Auflösung der Börsen und ihrer Strukturen. Denn die immerwährende Suche nach höheren Deckungsbeiträgen wird immer mit den Interessen der Stakeholder argumentiert, dass sind aber komischerweise meistens die Aktionäre. Warum sind die Stakeholder nicht die: a) nachvollgenden Generationen b) die Umwelt c) die Gemeinschaft.

to be continued...
Beste Grüße,
Thomas


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