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Zu den Hintergründen (Politik)

Ulrich, Samstag, 11.09.2021, 09:05 (vor 1560 Tagen) @ Jurist81

Es geht um die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen oder auf englisch Financial Intelligence Unit (FIU). Die FIU sammelt und analysiert als Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz. Sie war bis zum Sommer 2017 beim BKA angesiedelt und unterstand dem Innenministerium. Kurz vor den damaligen Bundestagswahlen ist sie dann trotz massiver Warnungen von Fachleuten vom damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble zum dem Finanzministerium unterstehenden Zoll geholt. Damit hat man sich eine ganze Reihe von Problemen eingehandelt, u.a. hatte die FIU als Polizeibehörde Zugriff auf Daten z.B. zu Ermittlungsverfahren, die der Zoll nicht hat.

Nach dem "Umzug" war die FIU zunächst nicht mehr funktionsfähig, die Zahl der Verdachtsmeldungen ging auf einen Bruchteil der Zahlen vor dem Sommer 2017 zurück. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt seit Anfang 2020 wegen einer verdächtigen Zahlung über mehr als eine Million Euro nach Afrika aus dem Jahr 2018, bei der eine Bank einen möglichen Bezug zu Waffen- und Drogenhandel sowie Terrorismusfinanzierung sah. Diese Meldung wurde von der FIU zwar angenommen, aber nicht an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Deshalb konnte die Überweisung des Geldes nicht gestoppt werden. Mittlerweile ist die Personalstärke dort deutlich erhöht worden. Anfang 2018 gab es 165 Stellen, mittlerweile sind es gut 450, in Zukunft sollen es 700 Mitarbeiter werden.

Bereits im Sommer 2020 wurde die FIU durchsucht, die Ermittlungen richteten sich alleine gegen diese Behörde. Mit dem Finanzministerium hatte die Osnabrücker Staatsanwaltschaft keinen Kontakt aufgenommen, mit dem Justizministerium gab es wohl einmal telefonischen Kontakt. Schriftliche Auskunftsersuchen gab es nicht.

Am 10.08.2021 erwirkte die Staatsanwaltschaft Osnabrück beim dortigen Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss. Laut diesem Beschluss diene die Durchsuchung "der Identifizierung der beteiligten Mitarbeiter der FIU sowie der Aufklärung der Motivationslage für das Absehen von der vorgeschriebenen Übermittlung von Verdachtsmeldungen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden". In der Presseerklärung der Osnabrücker Staatsanwaltschaft hieß es dann aber die Durchsuchungen sollten "den Straftatverdacht und insbesondere individuelle Verantwortlichkeiten weiter aufzuklären". Es solle "unter anderem untersucht werden, ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren". Ein klarer Widerspruch zum Inhalt des zuvor erwirkten Durchsuchungsbeschlusses.

Das Verhalten der Osnabrücker Staatsanwaltschaft ist zumindest extrem ungewöhnlich. Die Durchsuchung bei der ICU in Köln hat bereits Mitte letzten Jahres stattgefunden, die Ermittlungen richteten sich ausschließlich gegen diese Behörde. Das geht auch aus dem Text des jetzt für die Durchsuchungen in Berlin erwirkten Durchsuchungsbeschlusses hervor. Also hätte man problemlos Auskunftsersuchen an die jetzt durchsuchten Bundesministerien stellen können. Dies ist der allgemein übliche Weg. Statt dessen durchsucht man und schiebt dann eine Presseerklärung nach die den Eindruck erweckt, die Ermittlungen würden sich auch gegen Personen innerhalb der Ministerien richten. Der Termin der Durchsuchungen scheint bewusst gewählt. Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl. Genau der richtige Zeitpunkt, um Schlagzeilen zu produzieren und ggf. die Wahlentscheidung zu beeinflussen. Aber zu kurz vor der Wahl um aufzuklären, was an den Vorwürfen dran ist.

Zuständig in Osnabrück ist der Leitende Oberstaatsanwalt Bernard Südbeck. Der Mann ist ein in der Region bekannter CDU-Funktionär, er war u.a. Ratsmitglied und Chef der CDU in Cloppenburg sowie Büroleiter des damaligen CDU-Kultusministers Bernd Busemann. Auch die von der CDU gestellte niedersächsische CDU-Justizministerin Barbara Havliza, war zuvor lange Vorsitzende Richterin am Landgericht in Osnabrück.

Alles spricht dafür, das hier zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl künstlich ein Skandal konstruiert werden sollte. Anfang 2020 begannen die Ermittlungen gegen die ICU, im Sommer 2020 durchsuchte man in Köln. Und erst jetzt, über ein Jahr später klingelt man in Berlin beim Finanzministerium an. Übrigens auch noch an der falschen Tür in der Wilhelmstraße. Die Zollabteilung sitzt in der Charlottenstraße in der Nähe des Gendarmenmarkts. Aber eventuell war das ja auch kein Irrtum, ein "Besuch" direkt am Amtssitz des Ministers ist medienwirksamer.


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