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Das ändert genau gar nichts (Sonstiges)

Knüppler17 ⌂, Montag, 30.10.2017, 17:03 (vor 2368 Tagen) @ Scrutinizer

Die Anklageschrift (offizielle Quelle) ist für Trump ein Sechser im Lotto. Kein einziger Vorwurf hängt mit Trump oder der Wahl 2016 zusammen - stattdessen geht es um Steuerhinterziehung, Schwarzkonten, Meineid und Verstöße gegen den Lobbying Disclosure Act bzw. Honest Leadership and Open Government Act. Trump kann sich am Ende also noch dafür feiern lassen, Manafort als unsauberen Geschäftsmann erkannt und deshalb gefeuert zu haben. Und genau das ist die Message, die bei seinen Wählern verfangen wird.

Ansonsten sitzt Trump recht ordentlich im Sattel. Seine Zustimmungswerte stabilisieren sich bei 38%, die 36,8% von Clinton (nach 4 Monaten) hat er nie erreicht. Gewählt wurde er letztes Jahr von 26,3% der Wahlberechtigten, d.h. 38% bieten einen aussreichenden Puffer, so lange seine Mobilisierungskraft anhält. Und wenn man das Beispiel NFL nimmt, mobilisiert Trump halt nun einmal wie Hölle: Am Tag nach seinem "Hurensohn"-Kommentar gingen die NFL-Ticketverkäufe knapp 20% zurück, das Topspiel der Woche erreichte die niedrigste Einschaltquote seit 2006. Trump-Wähler sahen die NFL am Tag vor Trumps Rede zu 60% positiv und 20% negativ, Mitte Oktober zu 28% positiv und 62% negativ (NY Times) - damit war die heilige NFL plötzlich in den Top 7 der umstrittensten Marken der USA und dort das einzige Nicht-Medienunternehmen neben der Trump-Brand. Trump trifft messerscharf den Nerv seiner Wähler und schafft es nach wie vor, zu mobilisieren. Jeden Russland-Vorwurf halten seine Wähler für eine bösartige Erfindung der Lügenpresse oder des Deep State und jede vermutete Fake News gegen den Präsidenten führt eher dazu, dass sich die Positionen weiter verhärten.

Letztlich werden die Demokraten auch nichts ändern können, wenn sie nicht endlich ihre Probleme lösen. Seit 2009 haben sie 1030 (!) Entscheidungsträger in Bund und Staaten verloren. Zu Obamas Amtsantritt hatten sie 18 Trifectas (Mehrheit in beiden Parlamentskammern + Gouverneur), die Republikaner 9 - heute haben die Demokraten 6, die Republikaner 26. Der gleiche Prozess spiegelt sich auf kommunaler Ebene von Schulaufsichten bis Staatsanwaltschaften, die in den USA direkt von den Bürgern gewählt werden. Doch statt den eigenen Saustall einmal in Ordnung zu bringen, Personal und wählbare Programme zu entwickeln, heulen die Demokraten seit einem Jahr über Russland, Putin, Hillarys eigentlichen Wahlsieg etc. herum. Und haben dieses Jahr jede Special Election für den Kongress verloren - nicht einmal in der Akademikerhochburg Atlanta, wo sie über 30 Mio Dollar (!) in den Wahlkampf eines Kandidaten steckten, konnten sie sich gegen einen Republikaner durchsetzen. Im Dezember wird in Alabama der Senats-Nachfolger von Jeff Sessions gewählt, auch da steht es nach derzeitigen Umfragen Kopf an Kopf (42-42). Weil Trumps Favorit "zu nahe am Mainstream" lag, tritt für die Republikaner ein christlicher Fanatiker an (der schon zweimal als Richter entlassen wurde, weil er selbst im Bible Belt übertrieben christlich agierte). Wenn die Demokraten nicht einmal solche Wahlen klar für sich entscheiden können, fast ein ganzes Jahr seit Clintons Niederlage nullkommanull Profil hinzugewinnen konnten und trotz jedes einzelnen Trump-Skandals noch immer nicht auf die Beine kommen, ist das für sie ein existenzbedrohendes Problem.

Wer immer noch glauben mag, dass Trump keine Chance auf eine Wiederwahl hat oder diese Anklage bzw. irgendeine Aussage irgendeines Beraters ihn ernsthaft in Bedrängnis bringen kann, schätzt die gegenwärtige Situation in den USA imho deutlich falsch ein. Trump-Wähler bekommen genau das, was sie wollten: Politischen Stillstand im "regelungswütigen Washington", eine Zerstörung des Staatsapparats von innen heraus und dazu "cocky behaviour" gegenüber ausländischen Feinden. Obendrein sind sie ein Troll des politischen Systems und freuen sich ungemein über jeden verheulten Kommentar eines Demokraten, der die Situation ganz schlimm findet und sich nicht zu helfen weiß. Typen wie Steve Bannon, Milo Yiannopoulos, Alex Jones oder Sean Hannity ernähren sich geradezu von Hass, Wut, Heulerei und Hilflosigkeit der Demokraten und tragen genau diese Stimmung jeden Tag aufs Neue in die Wohnzimmer der Trump-Wähler. Und wenn Fox News Jeff Flakes Brandrede im Senat gegen Trump auf seiner Webseite mit den Worten "Wo ich mit Trump zusammenarbeiten kann" überschreibt, sollte man einfach nicht davon ausgehen, dass mehr als nur Bruchstücke dieser ganzen Investigation jemals bei den Trump-Wählern ankommen werden. Die glauben immerhin noch zu 68%, dass Millionen illegale Einwanderer gewählt hätten und sind zu 52% der Meinung, die Präsidentschaftswahlen 2020 sollten so lange verschoben werden, bis dieses (nicht-existente) Problem gelöst wurde...


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