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Das ändert genau gar nichts (Sonstiges)

Knüppler17 ⌂, Dienstag, 31.10.2017, 01:47 (vor 2367 Tagen) @ Kulibi77

Aber die Geschichte mit Obama ist auch durch seine schnellen Erfolge untermauert. Er hat sich als Abgeordneter in seinem Bundesstaat hochgearbeitet. Ist als Kriegsgegner aufgefallen. Hat mit großen Vorsprung die primaries für den Senatssitz gewonnen und hat so große Aufmerksamkeit gewonnen. So etwas kann man doch nicht planen. Wie will man so jemand herzaubern durch irgendeine Strategie?

Obama war ein Jahrhunderttalent. Und dazu als schwarzer (!) Bürgerrechtsanwalt (!) aus der am härtesten von Kriminalität (!) und Armut (!) betroffenen Großstadt Chicago (!) genau der richtige Mann zur richtigen Zeit. Mein Vorwurf zielt deshalb auch gar nicht so sehr darauf, dass die Demokraten einen Nachfolger nicht eben aus dem Hut zaubern können, sondern dass sie Obamas Erbe haben verfallen lassen. Schon 2010 kandidierten die ersten Demokraten aus den Südstaaten mit Anti-Obama-Spots, weil man ihm irgendwo halt eben doch nicht traute. Und statt Obamas "Yes we can" zum Mantra der Partei zu machen, sie wie FDRs New Deal als Meilenstein und Grundlage einer zukunftsgerichteten Politik zu feiern, haben sich die Demokraten in Grabenkämpfen das Leben schwer gemacht und von den Republikanern zerpflücken lassen. Jetzt haben sie einen Präsidenten im Amt, der sämtliche Erfolge Obamas zurückdreht und im Zweifel sogar ins Gegenteil verkehrt. Der ganze Aufbruchsgeist, der 2007 und 2008 herrschte, und sämtliche Errungenschaften Obamas in der Innenpolitik (die Außenpolitik war zugegebenermaßen nicht seine Stärke), sind verschwunden.

Und das, was du als "breit aufgestellt" betrachtest, könnte man andersherum eben auch negativ auslegen: Niemand weiß, wer die Demokraten eigentlich sind, wozu man sie braucht und wofür sie genau stehen. Zehn Jahre nach einem Aufbruch in eine neue Zeit unter einem messerscharfen Claim mit klarer Vision ist das eine Bankrotterklärung. Und natürlich war Clintons "ich verwalte das jetzt mal" Wahlkampf nicht besonders inspirierend, aber sonst hatte sich ja auch kein besserer Kandidat hervorgetan. Da sollte man, bei allem Respekt, auch Bernie Sanders nicht zum Messias verklären (ich hatte ihn vor einigen Jahren in Vermont über einen befreundeten Abgeordneten kennengelernt - es war schon damals kein Geheimnis, dass er bei der breiten Masse der Demokraten nicht ankam und im persönlichen Umgang eher kauzig war).

Rein pragmatisch müssen sie den Kongress zurückgewinnen 2018. Das vielleicht nicht aus eigener Stärke heraus, vielleicht nicht so deutlich wie es aus einer Position der Stärke heraus möglich wäre, aber immerhin: ein Sieg! Denn eines ist auch klar: Umso mehr Demokraten Wahlen gewinnen, einen Sitz in einem Parlament erringen, umso mehr Nachwuchs hat eine Chance auf der großen Bühne.

Ja, den Kongress müssten sie zurückgewinnen. Da Midterm Elections üblicherweise aber +/- 10% niedrigere Wahlbeteiligungen ereichen als Kongresswahlen mit gleichzeitiger Präsidentschaftswahl, fehlt mir einfach (ich mag mich da wiederholen) die Phantasie, wo dieses Wunder herkommen soll. Die Trump-Wähler, angestachelt durch ihre Breitbart/FOX/InfoWars-Gurus werden sich meiner Erwartung nach stärker mobilisieren lassen, als der politische Rest. Dazu bräuchte es aus meiner Sicht schon einen Sympathieträger, der den 2018 als ersten Angriff auf 2020 vermarkten kann - Nanci Pelosi wird das eher nicht gelingen.

Das ist auch ein großer Unterschied zur SPD. Die SPD kann nicht mal schlechte Siege einfahren. Ich halte den Vergleich aus vielen anderen politischen Gründen falsch, aber das ist definitiv der entscheidende. Wenn die SPD in ihrer heutigen Verfassung Morgen die Chance hätte die Mehrheit im Parlament zu erringen: make a run for it!

Vergleiche zwischen Ländern sind immer schwierig, deshalb darf man das wohl nicht so auf die Goldwaage legen. Darum ging es dan09 aber wohl nicht. Für mich wäre der entscheidende Unterschied auch ein anderer:

Die SPD sieht sich als Volkspartei und versteht nicht, dass das klassische Arbeiter-Klientel, das sie vertreten möchte, in der Gesellschaft einen immer kleineren Platz einnimmt. Und ihre Spitzenkandidaten verstehen nicht, dass es im Kampf um die Stimmen der verbliebenen Arbeiterschaft eine eher dumme Idee ist, einen Bundestagswahlkampf gegen den Dieselmotor (und damit die IG Metall) zu führen.

Die Demokraten hingegen sprechen eine Bevölkerungsschicht an, die in den USA immer größer und wichtiger wird, de facto schon heute eine deutliche Mehrheit der Gesellschaft stellt. Weil sich ihre Spitzenkandidaten aber nicht um diese Wählerschicht im Gesamten kümmern, sondern jeder Gruppe etwas anderes erzählen (siehe Clintons auf Schwarze, Latinos, Asiaten, Frauen und linke Studenten zugeschnittener Wahlkampf, der weiße Männer völlig außen vor ließ), zerfällt die Wählerschaft in viele kleine Grüppchen, die für sich das jeweils beste herausholen wollen und untereinander in Wettstreit treten.


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