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Ich bin mir nicht sicher, ob Russland den Donbass nehmen kann (Politik)

Goalgetter1990, Dienstag, 29.03.2022, 19:51 (vor 1363 Tagen) @ FourrierTrans
bearbeitet von Goalgetter1990, Dienstag, 29.03.2022, 20:04

Verhandlungen in Istanbul Russland will Angriffe auf Kiew und Tschernihiw angeblich reduzieren (Spiegel)

Mein erster Gedanke war, die russischen Truppen im Norden der Ukraine gehen auf dem Zahnfleisch. Man kann und/oder will sie nicht durch neue Kräfte ersetzen. Dafür konzentriert man seine Angriffe demnächst auf den Osten und den Südosten des Landes.


Russland tauscht im Moment seine Kräfte durch. Schlecht ausgerüstete und unerfahrene (meist zwangsrekrutierte) Soldaten werden in den Norden verlegt während die gut ausgestatteten Truppen weg von Kiew in die "Republiken" und nach Mariupol verlegt werden.


Um Kiew herum habe ich bisher auch auf keinem Bild- oder Videomaterial gut ausgestatte Truppen gesehen. Ich denke eher, dass er nun alles im Süden zusammenzieht, um das Minimalziel "Donbass" überhaupt noch umsetzen zu können. Um Kiew wird man in einer Woche keinen einzigen russischen Soldaten mehr sehen. Die militärische "Performance" dieser in der Ukraine agierenden Heeresgruppe ist, in jeder Hinsicht, desaströs.


Die russische 331st VDV Einheit ("Elite"-Fallschirmspringer) wurde inkl. Kommandanten anscheinend nahezu ausgelöscht. Die Einheiten, die in den ersten Tagen die Speerangriffe auf Kiew ausgeführt haben, wurden nahezu alle zerschlagen.

Ich würde es nicht mal als selbstverständlich ansehen, dass Russland den Donbass nehmen kann. Im Donbass befinden sich die besten Einheiten der Ukraine, mit der meisten Kampferfahrung und mit dem besten Equipment (wobei unklar ist, wie die Versorgung mit westlichen Waffen in den letzten Wochen war). Darunter sind die paramilitärischen Freiwilligen-Einheiten und die reguläre Armee. Man sieht an Mariupol, dass man bereit ist bis zum Ende zu kämpfen. Wenn Moskau nun die Einheiten verschiebt, wird das auch die Ukraine machen müssen, um den Donbass zu halten und irgendwelche Fake-Referenden zu verhindern.


Ich sehe das auch als nicht gesichert für Russland an. Aber es ist halt die einzige Möglichkeit für Putin, mit zwei blaugen Augen und einer gebrochenen Nase aus der Nummer rauszukommen. Die ganze Welt lacht ihn eh schon zunehmend aus. Aus ukrainischer Sicht sollte man auch überlegen, ob man nicht in anderen Regionen nun offensiv gegen russische Truppen vorgeht, inkl. der Krim. Ob die russische Truppen, die aktuelle in und um Kiew sind überhaupt noch im Süden ankommen, würde ich zumindest mal zur Debatte stellen. Und wenn sind sie so am Ende ihrer Kräfte, dass die da gar nichts mehr bewegen.

Man wird auf keinen (!) Fall in diesem Krieg gegen die Krim vorgehen, das würde auch dem Ukrainischen Kriegsziel zugegen laufen. Es würde zudem aus der russischen Logik heraus einen Angriff auf das eigene Staatsgebiet bedeuten, was die Russen zum Äußersten treiben würde (evtl. sogar Ausrufung des Kriegsrechts und Einberufung der Reservisten). Es gibt kein Szenario - selbst eine russische Revolution nicht - in dem die Ukraine die Krim angreifen kann.

Auch ein Ukrainischer direkter Angriff auf Lugansk oder Donezk würde nur dann Sinn machen, wenn sich etwas grundlegend in Moskau ändern würde (Revolution, Tod Putin oder ähnliches). Priorität hat ganz klar, den Vor-Kriegs-Zustand zu erreichen. Man sollte sich trotz der russischen Unzulänglichkeiten auch keine falschen Vorstellungen machen: Auch die Ukraine hat massive Verluste, über die wird bloß weniger berichtet. Und ohne relevante Luftunterstützung breite Gegenangriffe zu fahren oder sogar besetzte Städte einzunehmen, gegen einen Gegner der diese Luftunterstützung hat, wird hammerhart. In Kyiv kämpft man sich von Dorf zu Dorf, und das ist schon schwer genug. Wenn man es im Süden schaffen würde, die Russen hinter den Dnjepr zurückzuwerfen und Kherson zu nehmen, wäre das schon ein massiver Erfolg.


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