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Debatten werden überbewertet - Medienzirkus geht freilich weiter (Politik)

Zoon, Freitag, 28.06.2024, 12:13 (vor 100 Tagen) @ Ulrich

Natürlich wäre es toll gewesen, wenn Opa Joe nicht erkältet gewesen wäre ...

Hätte, hätte, Fahrradkette!

Hustenbonbon, nicht Fahrradkette. :)

Aber inhaltlich war er wohl besser als der verlogene Soziopath.

Das ist sogar richtig. Aber trotzdem war das Gesamtbild verheerend. Das haben der optische und teilweise auch akustische Eindruck bewirkt.

Wenn Optik und Akustik wichtiger sein sollen als Inhalte, ist das ein bedeutsames Problem, vor allem für eine Demokratie, die nach ihrem Selbstverständnis auf den Kampf um die richtigen Inhalte angelegt ist. An sich wäre es ja nun die Aufgabe der Medien, die über diesen Kampf berichten, den Fokus stärker auf die Inhalte zu auszurichten als auf Optik und Akustik (eines Erkälteten). Aber dann müssten die ja ihre Arbeit machen und letzteres ist viel einfacher. Und dieser Ausfall der Medien verstärkt einfach dieses Problem ungemein.

Mein Bruder ist regelmäßig in den USA unterwegs, Joe Biden ist auch beim demokratischen Wählerklientel nicht sonderlich beliebt. Vor allem wird er als zu alt ist. Vor einiger Zeit erzählte mir mein Bruder, er sei mit einem schwarzen Taxifahrer in New York unterwegs gewesen. Der ließ kein gutes Haar an Trump. Der Eindruck ist sicherlich anekdotisch, und in New York City bekommt Trump kein Bein an die Erde. Aber solche Eindrücke schildern auch andere USA-Besucher wie z.B. Korrespondenten deutscher Medien.

Das ist – wie Du selbst schreibst – eine Anekdote. Dass der Taxifahrer in NY über Trump schimpft, glaube ich Dir sofort. Aber was genau soll das eigentlich aussagen?

Erinnert sich noch jemand an Obamas erste Debatte 2012? 67 % der Zuschauer sahen laut damaliger CNN-Umfrage Romney als Sieger, nur 25 % Obama. Obama gewann trotzdem seine Wiederwahl.

Barak Obama war aber ein ganz anderes Kaliber als Biden. Er hatte und hat rhetorische Fähigkeiten, die über die Joe Bidens weit hinaus gehen.

Gleichwohl ist ihm seine erste Debatte deutlich misslungen und zwar ohne erkältet gewesen zu sein. Obama war 2012 am Boden. Dass er wiedergewählt wurde, hat er weitgehend dem Wahlkampf vor Ort und Clintons fulminanter Nominierungsrede auf dem DNC zu verdanken.

Nun ein ähnliches Ergebnis bei einer CNN-Zuschauerumfrage zur gestrigen Biden-Trump-Debatte (67 % Trump, Biden 33 %). Lustigerweise sah sogar die Hälfte einer CNN-Foukusgruppe von unentschiedenen Wähler aus Michigan Biden als Debattensieger.
Aber 80 % der befragten Zuschauer der 67%-33%-Umfrage sagen auch, dass die Debatte keinen Einfluss auf ihre Wahlentscheidung haben wird! Nur 5,5 % geben an, dass es ihre Wahlentscheidung beeinflussen wird bei einer Fehlerquote von 5 %. Das lässt einfach keine vernünftigen Rückschlüsse auf die Relevanz der Debatte für die Wahlentscheidung zu.

Diese Debatte tut den Demokraten weh, das lässt sich nicht schön reden. Sie wird ihre Wirkung in den nächsten Wochen und Monaten entfalten. Wegen ihr könnten Biden die notwendigen Stimmen gerade in den Swing States fehlen.

Das soll auch keine Schönrednerei sein sondern die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass es letztlich die Wähler sein werden, die entscheiden, welchen Einfluss diese Debatte auf ihre Wahlentscheidung haben wird.
Trump wird sicherlich mit Clips über die schlechte Optik und Akustik von Biden auf Wählerfang gehen.
Aber Biden kann genauso gut mit Clips über Trumps Aussagen und Lügen dagegenhalten. Wie sich das bis Nov 2024 wirklich auswirkt, lässt sich doch derzeit gar nicht absehen.

Nachdem die anwesenden Journalisten während der Debatte nichts gegen die Lügnerei von Trump unternommen haben, habe ich keinen Zweifel daran, dass sie und ihre Berufskollegen nach der Debatte über ein Ereignis spekulieren werden, von denen jeder Beteiligte weiß, dass es dieses Ereignis definitiv nicht geben wird: Joe Biden als Kandidaten auszutauschen. Das wäre in einem offenen Rennen wie die aktuelle Wahl Selbstmord für die Dems. Aber die Medien werden die Debatte über die Notwendigkeit, Selbstmord zu begehen, weil 50 % Wahlsiegchancen einfach zu wenig sind, sicherlich die nächsten Wochen führen. Hier im Forum einzelne User natürlich auch. Das treibt einfach Aufmerksamkeit und Verkaufszahlen nach oben.

Ein Austausch wäre extrem heikel. Geht der schief, steht man noch schlechter da. Aber so läuft es bei der Wahl primär nicht auf die Frage hinaus "Seid Ihr für Biden oder für Trump?" sondern "Seid Ihr für Trump oder wollt Ihr Trump verhindern?". Und das ist nicht gut.

Letztlich ist es egal, ob die Wähler für Biden stimmen, weil sie Biden wählen oder Trump verhindern wollen. Eine Stimme ist eine Stimme. Das Motiv, für Biden zu wählen, weil man Trump verhindern will, macht aus der Stimme für Biden keine halbe Stimme.

Aus meiner Sicht sollten die Dems ihre Rolle als underdog einfach annehmen und ihre Wahlkampf-Arbeit machen. In der Underdog-Situation sind diese meistens am leistungsfähigsten. Das hat sich ja auch bei den midterms gezeigt als jeweils rote Wellen vorhergesagt wurden, die dann ausblieben. Die Niederlage von Clinton 2016 kam ja auchd eshalb zustande, weil man sich schon auf der Siegerstraße hielt und Wahlkampfaktivitäten eingestellt hat.

Schon die Midterms liefen auf die Frage "Seid Ihr für oder gegen das von den Republikanern geplante Abtreibungsrecht?" hinaus. Aber ob das reicht?

Nicht nur. Aber das spielte eine große Rolle und die Bedeutung von Dobbs vs. Jackson ist ja eher noch größer geworden, weil ja inzwischen noch mehr Fragen aufgetaucht sind, die die Wähler in diesem Zusammenhang mit Sorge beschäftigen wie Abtreibungsverbote, Strafverfahren gegen Frauen und IVF. Es wird im Nov 24 auch darauf ankommen, ob diese Themen am Wahltag in den swing states auf dem Wahlzettel stehen.


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