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Früher hat "der Deutsche" sich gerne abfällig über südeuropäische Länder dahingehend gezeigt (Politik)

markus, Freitag, 13.09.2024, 10:29 (vor 106 Tagen) @ Earl Chekov

Man kann das schon beurteilen, ob die ausgebliebenen Investitionen der vergangenen Jahre uns auf die Füße fallen. Opportunitätskosten halt.


Dann rechne doch mal vor. Bitte ganz konkret.


Ja, mache ich gern.

Du weißt, dass ein Business Case auf Annahmen beruht, deswegen würde ich mich hier auf die Darlegung der wichtigsten Grundannahmen beschränken. Die kannst Du mitgehen oder auch nicht.

Grundannahme 1: Wir sprechen hier von kritischer Infrastruktur, also keine Infrastruktur, die zwar wichtige Aufgaben übernimmt, aber nicht unverzichtbar ist (Schwimmbäder, Bolzplätze, Kultur etc.). Dazu zählen

- Enrgieversorgung
- Verkehr
- Digitale Versorgung
- Verteidigung
- Versorgung mit kritischen Gütern (Lieferketten)

Grundannahme 2: Wenn die Annahme ist, dass diese Infrastruktur unbedingt notwendig ist, um die Funktionsfähigkeit eines Landes sicherzustellen, dann handelt es sich um Fähigkeiten, die nicht per se Gewinn erwirtschaften, sondern diese ermöglichen Gewinne, die durch andere wirtschaftliche Tätigkeiten gehoben werden. Es hat bestimmt schon jemand klügeres als ich, das in einem signifikant positivem Business Case festgestellt

Grundannahme 3: Die kritische Infrastruktur hat Netzcharakter d.h. es sind nicht singuläre Komponenten, die aufrechterhalten werden müssen, sondern die komplette Infrastruktur muss aufrecht erhalten werden. Ein Ausbleiben von Wartung hat direkt Auswirkung auf Teile oder Ganzes der betroffenen Infrastruktur. Folgewartungsarbeiten erhöhen sich in Folge aufgrund steigender (nicht simpel additiv) Komplexität des Wartungsbedarfs (Beispiel: Vodafone DE hat im Jahre 2011 oder 2012 im signifikanten Ausmaß Investitionen in das Mobilfunknetz eingespart. In Folge haben die Kunden über Jahre dauerhaft Gesprächsabbrüche, mangelnde Gesprächsqualität erlebt. Vodafone hat massiv an Marktpositionierung verloren. In Folgejahren war der Aufwand immens den Rückstand einzuholen. Die Firma hat sich in Marktreputation bis heute nicht davon erholt)

Grundannahme 4: Einsparungen in Wartung und Ausbau der kritischen Infrastruktur führen zu unkalkulierbaren Risiken. Konkrete Risiken von mir im Rückspiegel betrachtet
- Energieversorgung: Führt zu Abhängigkeiten, deren Auflösung die gesamte Energieversorgung gefährdet, Kostenkalkulation der Energieversorgung für Pivatiers und Wirtschaftsbetriebe aushebelt, ungeplante kurzfristinvestitionen erfordert und die Verhandlungssituation mit Alternativlieferanten schmälert. Verlust von Chancen in Zukunftsmärkten
- Verkehr: Überlastung der gesamten Infrastruktur. Ausfallrisiko aufgrund fehlender Redundanz. Standortnachteil im Wettbewerb. Gefährdung von Leib und Leben
- Digitale Versorgung: Standortnachteil im Wettbewerb, Verlust von Chancen im aktuellen Wachstumsmarkt und Zukunftsmärkten, regionale digitale Versteppung, erheblicher Aufwand zum Aufholen des Rückstands gegenüber Wettbewerb, Abwanderung von High-Potentials, Gefährdung des Wirtschaftsstandortes
- Verteidigung: Verlust der Funktionalität, keine ausreichende Wehrhaftigkeit, Verlust der Fähigkeit militärische Konflikte zu verhindern oder zu Verkürzen. Folgekosten durch Verlängerung von Konflikten, Verlust von Friedensmärkten etc. Notwendigkeit von außerordentlichen Investitionen, um Grundfunktionalität aufrecht zu erhalten, Verlust von politischer Autonomie, Gefahr für Leib und Leben
- Versorgung mit kritischen Gütern (Lieferketten): führt zu Abhängigkeiten, die nicht aufgelöst sind. Versorgungsengpässe bei kritischen Gütern. Verlust der wirtschaftlichen Handlungsfähgkeit

Grundannahme 5: Die Kosten der Finanzierung über Anleihen sind kalkulierbar trotz des Zinsrisikos

Das im Wesentlichen meine Grundlage zu meiner Beurteilung der ausgebleibenen Investitionen

Ich kann mit so absoluten Folgen wie: Überlastung der gesamten Infrastruktur wenig anfangen. Ja, es ist scheiße, dass die Brücke bei Leverkusen gesperrt ist. Aber wir sind weit davon entfernt, das demnächst absolut gar nichts mehr gehen würde. Ich habe in den letzten 22 Jahren immer mein Ziel erreichen können. Und ich werde es auch in den nächsten 22 Jahren erreichen.

Ich wollte eigentlich ganz konkrete Zahlen sehen. Es kann nämlich durchaus finanziell vorteilhafter sein, zunächst die alte Infrastruktur weiter zu nutzen, als einige Jahre früher zu sanieren. Das machen wir Privat ja nicht anders. Da könnte man ähnlich argumentieren und sagen: Wir brauchen die Wärmpumpe, da die alte Gasheizung zu ineffizient ist. Oder: Wir brauchen ein neues Auto, denn die alte Karre könnte jederzeit ausfallen. Wir nutzen die alten Dinge dann trotzdem bis zum Ultimo. Weil es einfach finanziell sinnvoll ist, die Neuanschaffung hinauszuzögern.

Meine Frage, ob du denn bereit für Steuererhöhungen bist, hast du ignoriert. Wärst du bereit, mehr Lohnsteuer zu bezahlen, damit wir uns das leisten können? Wärst du bereit, eine PKW Maut von 13 Cent je Km zu bezahlen, um die Brücken zu sanieren? Das wäre ja noch fairer, da ÖPNV Nutzer die Kosten nicht mittragen müssten. Eine andere Möglichkeit wären Kürzungen in anderen Budget. Ist es richtig, dass die Rentenversicherung mit weit über 100 Milliarden Euro bezuschusst wird? Oder müssten nicht die Rentenversicherungsbeiträge steigen?

Für mich steht überhaupt nicht fest, dass wir zwingend ganz schnell ganz viel investieren müssen. Für die Brücken gibt es einen Plan, der sich auf zehn Jahre erstreckt. Und dass dafür zwingend neue Schulden entstehen müssen, steht für mich auch nicht fest aufgrund der beiden aufgezeigten Alternativen, über die wir zuerst diskutieren müssten.


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