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Ein selbst verschuldetes Trauerspiel (Politik)

Ulrich, Mittwoch, 25.08.2021, 12:28 (vor 1575 Tagen) @ markus


In Berlin ist der Wohnungsmarkt nach Einführung der Mietpreisbremse um 50% eingebrochen. Weil man lieber unter der Hand weiterhin zu höheren Preisen vermietet als über die großen Plattformen. Was sollen denn auch die kleinen Vermieter tun, wenn die gesamte Finanzierung auf die höhere, aber nicht mehr zulässige Miete, aufgebaut ist? Es sind vor allem die kleinen Vermieter in finanzielle Schwierigkeiten gekommen. Vonovia dreht dagegen an irgendwelchen Stellschrauben und investiert einfach zukünftig weniger. Dann gibt es halt doch keine Solaranlage aufs Dach. Wie man sieht, sind schon derartige staatliche Eingriffe nicht unbedingt von Vorteil. Und da sind wir noch lange nicht bei den noch größeren Träumereien angekommen.

Die Berliner Landespolitik würde ich bei keiner einzigen Partei als Maßstab nehmen. Egal ob SPD, CDU, Grüne, Linke, FDP, die Akteure sind deutlich unterdurchschnittlich.

Westberlin war früher eine "Mieterstadt", Wohnungen waren günstig, das Angebot überstieg vielfach die Nachfrage. Zunächst galt das nach der Wende bis nach der Jahrtausendwende für die gesamte Stadt. Im Osten wurde sehr viel Wohnraum saniert, zudem überwog zunächst der Wegzug. Aber seit sicherlich 15 Jahren hat sich der Trend gedreht, es kaum zu einem deutlichen Zuzug. Die Politik hat das parteiübergreifend viel zu lange ignoriert. Der rot-Rote Senat unter Wowereit z.B. hat unter dem Beifall von CDU und FDP eine große Anzahl von im Landesbesitz befindlichen Wohnungen an private Konzerne verkauft. Mittlerweile schon seit Jahren ist es immer schwerer geworden, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Der prozentuale Anstieg sowohl der Mieten als auch der der Immobilienpreise in Berlin ist weitaus höher als z.B. in München. Das hat Teile der Bevölkerung geradezu "traumatisiert". Es entstand die Idee, die großen Wohnungsbaukonzerne zu enteignen. Initiator ist eine Person, die vor längerer Zeit aus der damaligen PDS ausgetreten ist, weil die ihm zu etabliert geworden war.

Diese Leute treiben vor allem die Linke vor sich her. Zudem gibt es in der Partei Leute wie die ehemalige Bausenatorin Lompscher oder den Kurzzeit-Staatssekretär Holm, die von einer Art "VEB Wohnen Berlin 2.0" träumen. Insbesondere Andrej Holm ist mittlerweile ein wichtiger Akteur bei der Vergesellschaftungsinitiative.

Grundsätzlich bietet das Grundgesetz diese Möglichkeit. Aber im Gegensatz zu Enteignungen z.B. für Infrastrukturprojekte wurde so etwas noch nie durchgeführt, es müsste die komplette Gesetzesgrundlage geschaffen werden. Kommt dieses Projekt, dann wird es jahrelange Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen. Sowohl was die grundsätzliche Zulässigkeit als auch was die eventuellen Details angeht. Die zu erwartenden Entschädigungssummen sind von Holm und Co. konsequent geschönt worden. Man geht davon aus, niemand dürfe gezwungen werden, mehr als gut vier Euro pro Quardratmeter Miete zahlen zu müssen, und auf dieser Grundlage hat man dann weiter gerechnet.

Die nächste Frage ist, was würde so eine Vergesellschaftung überhaupt bringen. Die eigentlichen "Miethaie" trifft man nicht, die sind in der Regel zu klein. Dafür verunsichert man eine gesamte Branche. Weitaus sinnvoller wäre es, neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Aber da versagen sowohl das von der Linken geführte Bauresort als auch das in Grünen-Hand befindliche Verkehrsresort. Es werden viel zu wenige Neubaugebiete in der Peripherie ausgewiesen, und falls doch dann bekommt man keine vernünftige Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr hin.

Aktuell zehrt man in Berlin noch von alten Baugenehmigungen. Aber die Zahl der neu erteilten ist deutlich eingebrochen. Die Folgen werden in den nächsten Jahren spürbar werden.

Eigentlich war der jetzt mit Ansage gescheiterte Mietendeckel auch ein Versuch, die Vergesellschaftungsinitiative auszubremsen. Das war wohl auch der Grund für Grüne und SPD, das mit zu tragen. Aber man hat dann geduldet, dass das Bauresort unter Lompscher ganz massive Fehler gemacht hat. Man ist in den Aufgabenbereich des Bundes hinein gegrätscht, schon deshalb ist das Gesetz von Karlsruhe kassiert worden. Und darüber hinaus war speziell das Kappen der Mieten in bestehende Mietverträgen verfassungsrechtlich hoch problematisch.

Speziell die Linke hat sich in der Folge auch ganz massiv mit den Berliner Genossenschaften angelegt. Die schaffen und erhalten nachhaltig bezahlbaren Wohnraum. Aber sie wollten sich von Lompscher nicht an die Kandarre nehmen lassen. Und während der Gültigkeit des Mietendeckels waren sie nicht einmal in der Lage, grundlegende Sanierungen von Gebäuden in ihrem Besitz zu stemmen. Sie konnten die Kosten nicht auf ihre Mitglieder umlegen.

Man sollte aber von der Berliner Landespolitik nicht auf die Bundespolitik schließen. Bei keiner Partei.


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