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Wie sehen es die Russen? (Politik)

Candamir85, Siegen, Dienstag, 01.03.2022, 23:46 (vor 1390 Tagen) @ CedricVanDerGun

[...] Mal im Ernst. WOHER komm sowas ? Gucken die den ganzen Tag Russia Today? Ich kenne die seit 1995, hab sie nie als die typischen CCCP Russen wahrgenommen. Aber das ist aktuell schon krass.

Ich bin sogar mit einer Russlanddeutschen verheiratet und stehe in dieser Frage ebenso auf dem Schlauch. Das Ausmaß an Irrationalität schockiert mich immer wieder. "Den ganzen Tag Russia Today" ist sicher ein entscheidender Ansatz. Ich erkläre es mir als einen Mix aus verschiedenen Faktoren.

Das Fernsehprogramm in der Muttersprache ist sicher ein großer Faktor. Der Mensch ist von Natur aus bequem. Würde ich ins Ausland ziehen, würde ich womöglich auch vorzugsweise weiter deutsche Medien nutzen (aber auf keinen Fall ausschließlich). Dann darf man nicht unterschätzen wie hartnäckig, penetrant und unverfroren die Staatspropanda lügt. Die Ukraine wird dort seit der Maidan-Revolution, also seit fast zehn Jahren als Nazi-Staat und als gescheiterter Staat dargestellt. Wer das über einen so langen Zeitraum immer wieder hört und selbst von Trollen im Internet damit vollgeballert wird, glaubt es womöglich irgendwann schlichtweg. Dass die deutsche Politik in den vergangenen Jahren auf gleich mehreren großen Feldern weitgehend versagt hat (z.B. Corona, Infrastruktur, Wohnungen, Bundeswehr) macht es der Putin-Propaganda nicht unbedingt schwerer. Dass andere Staaten, insbesondere der russische, aus Sicht des einfachen Bürgers noch deutlich gravierender und sogar vorsätzlich versagen, fällt dabei nicht ins Gewicht.

Hinzu kam in den vergangenen Jahren noch die Migrationspolitik in Deutschland, und das nicht nur, weil viele Russlanddeutsche skeptisch, um es mal vorsichtig zu formulieren, gegenüber den verstärkt zugewanderten ethnischen Gruppen sind. Mein Schwiegervater fühlt sich geradezu persönlich beleidigt, weil er sinngemäß sagt: "Die bekommen jede Hilfe, wir bekamen hier Steine in den Weg gelegt und mussten uns alles erarbeiten." Das ist zwar weitgehend Unsinn, doch auch hier wirken Lügen, Hetze und Propaganda. Es ist haarsträubend, was da manchmal über die Handys kursiert. Der Mühe, die Dinge in Streitgesprächen gerade zu rücken, gebe ich mir kaum noch. Von den Russlanddeutschen-Communitys in Berlin fange ich lieber gar nicht erst an, dort ist es noch bedeutend krasser.

Dazu kommt ein gerütteltes Maß an Vergangenheits- und Gegenwartsverklärung. Wieder der Schwiegervater: Kam in der Sowjetunion im großen und ganzen recht gut klar, hatte dort trotz stellenweiser Diskriminierung als Deutscher erheblich mehr soziale Teilhabe und ist immer noch zutiefst wegen des Zusammenbruchs beleidigt. Er hatte das Geld für ein Auto zusammen, das aber über Nacht nur noch für ein Radio reichte. Dass er jetzt zwei Autos und ein Riesenhaus, also einen bedeutend größeren Wohlstand hat, lässt ihn dies dennoch nicht vergessen.

Immerhin: Einigen in meiner Familie dämmert mittlerweile, was da eigentlich passiert und dass die Putin-Medien wohl einige Dinge schönreden.


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