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Zahlen zur Verurteilung als Heranwachsender (Fußball allgemein)

Ghombre, Dienstag, 13.02.2024, 11:47 (vor 321 Tagen) @ Ulrich

Bei Kapitalverbrechen wird der Strafrahmen wohl vielfach weitgehend ausgeschöpft. Aber es kommt hier jeweils auf den konkreten Tathergang an. Und darüber weiß man im konkreten Fall nur wenig.

Das mit dem Ausschöpfen des Strafrahmens ist so eine Sache, wenn die Delinquenten als Heranwachsende in Verbindung mit Jugendstrafrecht abgeurteilt werden. Denn dann gelten die Einschränkungen von § 105 I iVm insb. § 18 sowie § 105 III JGG. Also ein "ermäßigter" Strafrahmen.

Prinzipiell gilt das Jugendstrafrecht zunächst einmal nur für Jugendliche unter 18 Jahren. Für Personen unter 21 Jahren wird es nur unter bestimmten Bedingungen angewendet. Und das ist eine Regelung, die sich grundsätzlich wohl bewährt hat.

Naja, das mit den bestimmten Bedingungen klingt nach einem austarierten Regel-Ausnahme-Prinzip. Die Realität ist tendenziell eher eine umgekehrte:
2021 wurden in Deutschland 18–21jährige in 25.140 Fällen als Heranwachsende mit Reifeverzögerung (und damit nach Jugendstrafrecht), in 15.915 "regulär" nach (Erwachsenen)Strafrecht verurteilt. Da kann man vortrefflich streiten, ob bei 61,23% der Delinquenten tatsächlich eine derartige Reifeverzögerung vorlag oder ob wir einfach nur dazu übergegangen sind, eher von einer Verurteilung nach Jugendstrafrecht bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres auszugehen.
Die Argumentation folgt meist dem Muster, dass sich gerade in der (auch wiederholten) Delinquenz eine Reifeverzögerung widerspiegele.

Zum Vergleich: 1963 (konnte im statistischen Jahrbuch aus den 50ern noch keine Einzelaufschlüsselung finden, daher 1963 als Zufallstreffer) war das Verhältnis 63.266 zu 27.375, damals wurden also lediglich 30,2% der Delinquenten zwischen 18–21 nach Jugendstrafrecht verurteilt. Da das JGG von 1923 stammt würde ich davon ausgehen, dass die Zahlen in den 1920ern noch eindeutiger wären. Das Regel-Ausnahme-Prinzip liegt daher wohl vor, allerdings war es ursprünglich anders herum intendiert.

Die dem Grunde nach sinnvolle Ausnahmeregel hat sich daher eher in eine Art Malus für den bürgerlichen Einmaltäter verwandelt. Wer ohne Auffälligkeiten aufwächst und 1x im Alter zwischen 18–21 Jahren straffällig wird, der kommt eher in den "Genuß" des regulären Strafrechts. Auf diese zynische Lesart kann man zumindest kommen, wenn man der politisch wie ehrenamtlich aktiven 20jährigen Jugend-musiziert Gewinnerin, die gerade ihre Gesellenprüfung als Landesbeste abgeschlossen hat, die reguläre Aburteilung nach StGB verabreicht, wohingegen der mehrfach sowie teils einschlägig vorbestrafte Rabauke bis zum 21. Geburtstag landläufig immer noch in den Genuss der §§ 105 f. JGG kommen wird.


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