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AFD mit 15,2 % am stärksten in GE (Sonstiges)

Nolte, Montag, 25.09.2017, 11:17 (vor 2377 Tagen) @ Erfolgsfan


Richtig, darum geht es mir.

Dass vermutlich für die Wahlentscheidung im Wesentlichen nicht (nur?) Indikatoren wie Geschlecht, Alter, Einkommen ausschlaggebend sind, sondern eher Wertvorstellungen und Normen. Die können natürlich auch repräsentativ erfasst werden - wenn man mit den Menschen spricht.

Eine rein externe Betrachtung, ohne individuelle Gründe zu ermitteln, wird sehr unscharf bleiben. Und selbst dann ist es gefährlich, diese Daten oder Aussagen zu allgemeingültig zu deuten.

Beides. Wenn man feststellt, dass beispielsweise deutlich mehr Männer als Frauen eine Partei wählen, dann liegt nahe, dass das Geschlecht durchaus eine große Rolle spielt. Wenn man bei den Wählern bestimmter Parteien Auffälligkeiten im durchschnittlichen Alter, Einkommen, Bildungsgrad, Herkunft, sonstwas ausmacht, dann sind dies Faktoren, die durchaus Gewicht haben und sich eben analysieren lassen.

Sicher geht es bei der Einzelentscheidung eines Individuums um dessen Wertvorstellungen, da hast du ja recht. Kaum jemand denkt sich wohl "Ich bin ein 45-jähriger Mann aus Ostdeutschland, also wähle ich die AfD." Wertvorstellungen und Normen werden jedoch eben nicht zuletzt durch externe soziale Indikatoren geprägt. Nicht nur selbstverständlich: Unmittelbares Umfeld und persönlicher Charakter sind sicherlich auch enorm wichtig.

Im Übrigen geht es ja nicht um "allgemeingültige Deutungen", also das Übertragen solch aggregierter Erkenntnisse auf Einzelpersonen. Zumindest wäre dies im Sinne statistischer Untersuchungen inkorrekt. Wenn ich also sage "Vor allem Menschen mit diesem Geschlecht, jenem Bildungsgrad, folgender Herkunft und einem geringen/hohen Einkommen wählen diese oder jene Partei", dann heißt das selbstverständlich nicht, dass diese Eigenschaften generell negativ/positiv auszulegen sind. Wenn vor allem "alte weiße Männer aus dem Osten" die AfD wählen, macht das nicht automatisch alle "alten weißen Männer aus dem Osten" zu schlechten Menschen.


Das will ja auch niemand. Oder hast du hier eine signifikante Anzahl an Menschen vernommen, die die Ansicht vertreten, man solle Wählergruppen das Wahlrecht entziehen? (Okay, die AfD will das, aber sonst?)


Nein, das sage ich ja auch nicht.
War nur eine Äußerung meiner Position.

Okay. Die teile ich ja dann.


Da bin ich aus zwei Gründen anderer Auffassung:

1. Aus dem Wahlsystem hergeleitet
Wenn jemand sein Kreuz bei der Afd macht, bei dem ein Kandidat mit rechtsradikalen oder rassistischen Auffassungen nicht auf einem der vorderen Plätze der Landesliste steht. Zieht dieser Kandidat dann nicht ins Parlament ein, kann sich der Wähler dann damit "entschuldigen", dass ja kein rechtsradikaler Kandidat gewählt wurde? Oder ist es legitim, einen nicht rechtsradikalen Kandidaten seine Erststimme zu geben?

Schwierig. Die rechtsradikalen Tendenzen ziehen sich durch die gesamte Partei, und sie werden stärker. Menschen wie Höcke sind in der Partei nicht nur geduldet, sondern nehmen Führungspositionen ein und bewegen sich vielleicht nicht formell, aber zumindest kommunikativ auf einer Ebene mit den ganz Oberen wie Meuthen und Gauland. Es geht hier nicht um einzelne "Schwarze Schafe" in der Partei (die findet man überall), sondern um einen integralen Bestandteil dieser Partei. Jeder Politiker, auch die Leute auf kommunaler Ebene, der sind in der AfD engagiert, macht sich diese Strukturen bewusst zu Nutze und kooperiert mit diesen Leuten, mindestens mittelbar.


2. Aus einer kommunikativen Sicht
Ich persönlich halte ein Schuldkonzept nicht für zielführend. Aus welchem Grund sollte ich jemanden etwas zuschreiben? Für mich ist es wesentlich zielführender, einfach zu fragen "Wieso wählst du die Afd?". Ich persönlich habe null Gewinn, wenn ich jemanden dafür verantwortlich mache, die Afd zu wählen. Im Zweifel wird das Gegenüber auch nicht über die Entscheidung nachdenken, wenn ich mich überhöhe (ich darf darüber befinden, dass ein anderer sich schuldig fühlen sollte).

Nachhaltige Denkprozesse kommen meines Erachtens durch Dialog zustande.

Wie gesagt, ich spreche nicht von Schuld. Ich spreche von einem rein faktischen Hinweis auf etwas, das schlicht und ergeifend wahr ist. Wer die AfD wählt, unterstützt eine Partei, in der Nazis nicht nur geduldet, sondern integraler Bestandteil der Partei und ihrer Philosophie sind. Das ist einfach so. Kein Anprangern, kein Schuldkonzept. Sondern eine reine Feststellung. Wer das leugnet; wer, wie Meuthen, keinen extrem rechte Tendenzen oder Personen in der Partei erkennen kann, der disqualifiziert sich in meinen Augen für eine sachliche Diskussion.
Eine wirklich offene, sachliche Unterhaltung, kann ich nur mit einem Menschen führen, der differenzieren kann. Nicht alles in der Partei, die mir gefällt, ist super. Vielleicht wähle ich sie dennoch, weil die Stärken die Schwächen überwiegen. Aber wenn mir ein AfD-Wähler ernsthaft sagt, in seiner Partei sei alles ganz dufte und jegliche Kritik an Einstellungen und Positionen beruhe auf Verschwörungen, Fake News, Verleumdung? Was soll ich denn mit solch einem Menschen noch reden?
Ein Statement im Sinne von "Ja, ich habe eine Partei gewählt, in der rechtsextreme A****löcher zu finden sind. Dennoch habe ich mich für sie entschieden, und zwar aus folgenden Gründen: ..." DAS wäre mal ein Gesprächseinstieg, der mich aufhorchen lassen würde. Aber Zeug wie "Höcke und von Storch sprechen doch nur die Wahrheit." Sorry, da bin ich halt raus.

Man könnte auch einfach fragen "Was war für dich der Grund, Afd zu wählen?".
Irgendwelche Gründe werden dann kommen. Mit den Gründen kann man sich wiederum auseinandersetzen ("Was ist dir daran wichtig?").


Die Gründe sind doch hinlänglich bekannt. Die Besserverdiener wählen die AfD, weil ihre extrem neoliberalen Standpunkte ihnen entgegen kommen. Die schlechter Verdienenden wählen sie, weil die AfD den einfachsten und emotional am wenigsten belastendenden Grund für die eigene Misere anbietet: Merkel und die Flüchtlinge. Oder hast du jemals einen AfD-Wähler erlebt, der nicht Merkel und Flüchtlinge als Grund für seine Wahl angab?


Die, die, die..
Die Besserverdienden, die schlechter Verdienenden, die Ausländer, die Gutmenschen. Ich habe keine Lust mehr auf dieses "die".

Wie gesagt: Ich habe bisher weder im Internet noch im echten Leben einen Menschen getroffen, der von diesem "die" abweicht. Mag doof sein. Aber ist halt so. Auch hier im Forum bei den paar bekennenden AfD-Wählern.


"Merkel und Flüchtlinge" ist auch kein Grund. Das ist ein Schlagwort.
Das ist übrigens etwas, das Anne Will gestern sehr schön thematisiert hat: Was ist der konstruktive Ansatz?

Mit "Merkel und Flüchtlinge" gebe ich mich nicht zufrieden.

Ich auch nicht. Es ist aber eben das Einzige, was mir in der Diskussion mit AfD-Wählern bisher jemals angeboten wurde.


Die nächste Frage wäre also "Okay, was passt dir daran nicht. Was meinst du mit Merkels Flüchtlingspolitik"... "Offene Grenzen, das geht nicht"... "Was ist das Problem, wenn die Grenzen offen sind?", meinetwegen auch "Was wäre dein Vorschlag"... "Grenzen zu".. "Welchen Vor- und Nachteile wären damit verbunden?"

Die wenigsten Menschen werden am Ende sagen "Sollen die doch verrecken, ist nicht mein Problem". Viel wahrscheinlicher ist, dass am Ende das Resulat steht, dass etwas geregelt werden soll (und vielleicht auch schon wie).

Also ich habe "Sollen die doch verrecken, ist nicht mein Problem" schon mehr als einmal gehört.


"Wir schaffen das" beantwortet nicht "Wie schaffen wir es?". Und diese Antwort ist die Große Koalition durchaus schuldig geblieben.

Da stimme ich zu.

Und nein, einfacher oder ein Kuschelkurs ist das für mich nicht. Wesentlich konfliktfreier ist für mich der Dialog mit Menschen, die mir beipflichten und bei denen ich mich selber wiederfinde.


Richtig. Ich schätze es auch, wenn man kontrovers diskutieren kann. Das Problem ist, dass mir dies bisher mit keinem AfD-Wähler möglich war. Es versteift sich jedes einzelne Mal auf das Flüchtlingsthema, ein anderes scheint für sie nicht zu existieren.


Dann stellt es sich für mich so dar:
Die Politik löst die Fragen, die Menschen beim Flüchtlingsthema haben, dann erledigt sich die Afd.

Ist halt die Frage, wie das gelöst werden soll. Die meisten AfD-ler sagen mir, sie wollen generell so wenige Ausländer wie möglich im Land. Gerade Freunde aus Sachsen sagen mir persönlich, dass sie selbst es auch nicht möchten, wenn zu viele offensichtliche Migranten in den Städten laufen. Die Situation, wie sie schon vor Jahren und Jahrzehnten in westdeutschen Großstädten vorzufinden sind - also Menschen aller Kulturen in einer Stadt - widert sie an. Wie gesagt, ich bin mit solchen Leuten befreundet. Die wollen einfach, dass hauptsächlich "weiße, normale Leute" auf den Straßen zu sehen sind. Die einsetzende Flüchtlingswelle verursachte bei ihnen die Angst, dass sich an diesem Stadtbild "im Osten" etwas ändern und es irgendwann so wie "im Westen" aussehen könnte.


"Wie stellt Ihr euch das Land im Jahr 2030 vor und was müssen wir dafür tun?"
Solange die Frage unbeantwortet und diffus im Raum steht, kann die Afd einfach mit Dagegenhalten punkten.

Siehe vorherige Passage. Ich habe Freunde, die antworten auf den ersten Teil dieser Frage mit "So weiß wie möglich" und auf den zweiten mit "So wenige Migranten wie möglich ins Land lassen".


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