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Straftatbestand der Beleidigung wurde heute abgeschafft (Sonstiges)

markus, Samstag, 21.09.2019, 16:22 (vor 2292 Tagen) @ Ulrich
bearbeitet von markus, Samstag, 21.09.2019, 16:30

Trotzdem schwingt in dem Urteil die in meinen Augen unwahre Unterstellung mit, Künast habe die Position, pädophile Handlungen straffrei zu stellen, unterstützt. Und der zeitliche Abstand wird völlig ausgeblendet.

Dass Künast das nicht so meinte, hat sie ja ausführlich vorgetragen. Nur kommt es darauf nicht an. Entscheidend ist, wie es in der Öffentlichkeit ankommt:

„Auch wenn die Antragstellerin ihren Einwurf anders vestanden wissen will, wird der knappe, die Zwischenfrage des CDU-Abgeordneten korri­gierende Einwurf, wie dies der Online-Artikel der Welt vom 24.05.2015 zeigt, von der Öffentlich­keit als Zustimmug zu dem Gesetzesentwurf der Landtagsfraktion der Grünen in NRW wahrge­nommen. Soll aber die Ausübung von Sex mit Kindern nur noch dann unter Strafe gestellt wer­den, wenn Gewalt im Spiel ist, heißt dies zum einen, dass es gewaltfreien Sex mit Kindern gibt und, dass er ohne Ausübung von körperlicher und psychischer Gewalt toleriert wird.“

Und ganz ehrlich: ich hätte das ohne weitere Informationen auch genau so verstanden und mir auf dieser Basis eine deutlich ablehnende Meinung gebildet. Wir bilden uns ja auch alle eine Meinung zum Klimapaket, obwohl uns da sicherlich bei weitem auch nicht alle Informationen vorliegen. Je nachdem, welche Informationen mir vorbilden, bilde ich mir doch meine Meinung. Und selbst wenn ein Vorfall schon 30 Jahre zurückliegt, darf ich dazu noch immer eine ablehnende Meinung haben. Wenn Meinungsfreiheit nur dann bestand hätte, wenn wirklich alle Informationen zu 100% vorliegen und es sich stets um aktuelle Themen handeln muss, könnte das Forum hier geschlossen werden.

Warum die gefallenen Äußerungen keine Beleidigungen sind, ist im Urteil ja auch im wesentlichen damit begründet worden, dass ein Sachzusammenhang vorliegt. Die Leute haben damit in drastischer Wortwahl zum Audruck gebracht, dass sie Phädophilie deutlich ablehnen und nicht etwa, weil sie Künast medizinisch betrachtet für Geisteskrank hielten oder sie tatsächlich als objektiv sexueller Vorstellungen betrachten würden.

Ähnlich war es sich bei Weidel und dem Kommentar „Nazi Schlampe“. „Nazi“ war berechtigt, weil die AfD im rechten Spektrum zuzuordnen ist und man durchaus mit überspitzen Wörtern auch übertreiben darf. Und „Schlampe“ war berechtigt, weil damit auch nur eine deutliche Ablehnung ihres Satzes zum Ausdruck gebracht werden sollte und nicht etwa, weil man Weidel tatsächlich unterstellen wollte, sie habe ständig wechselnde Partner mit denen sie Geschlechtsverkehr habe.

In der Tat möglich, dass die Rechtsanwälte von Künast das nicht vorgetragen haben. Aber wie wahrscheinlich ist das?

Vielleicht, weil auch die Anwälte gewusst haben, dass der jeweilige Zeitpunkt des Vorfalls und der Meinungsbildung nicht relevant ist. Es macht ja keinen Sinn, Argumente vorzubringen, die einem nicht weiterhelfen. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass Anwälte soetwas einfach vergessen vorzutragen. Wäre das Argument allerdings vorgetragen worden, wäre jedenfalls das Gericht darauf eingegangen.

Der Facebook-Beitrag hat wenig mit dem zu tun, was damals passiert ist. Was wäre, wenn jemand behaupten würde, Künast würde kleine Kinder im Keller unter einer Pizzeria gefangen halten? Was würde das nach Auffassung der Kammer rechtfertigen?

Dann sind wir wahrscheinlich eher im Bereich der Verlemundung. Und das beträfe dann denjenigen, der das behauptet und nicht diejenigen, die das glauben.

Es waren ja nicht nur übelste Beleidigungen, es waren auch ganz massive Drohungen dabei. In den sozialen Medien erreichen solche Posts eine gewaltige Reichweite. Und im schlimmsten Fall könnten aus solchen Posts auch physische Bedrohungen für Politikerinnen und Politikern erwachsen. Ich glaube deshalb, angesichts der in den letzten Jahren geänderten Rahmenbedingungen sollte man diese potentielle physische Gefahr bei der Bewertung nicht ausblenden.

Da sehe ich allerdings auch die Betreiber in die Pflicht. Für mich absolut nicht nachvollziehbar, dass Milliardenkonzerne wie Google (vor allem YouTube) und Facebook solche Beiträge nicht löschen. Man löscht offenbar zwar hochgeladene Inhalte, aber offenbar keine Kommentare.


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