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Antiamerikanismus und DDR-Nostalgie bei Demonstranten (Politik)

Ulrich, Samstag, 04.03.2023, 14:11 (vor 390 Tagen) @ Frankonius

Bei einigen Teilen der Leute im Osten herrscht auch die Überzeugung, die BRD hätte die DDR praktisch ohne Zustimmung der DDR-Bürger übernommen - nicht nur bei Reichsdeppen.
Dabei werden die Fluchtbewegung 1989 und die einzig freie Volkskammerwahl schlichtweg ignoriert.
Die Leute wollten die D-Mark (kommt nicht die D-Mark, kommen wir zu ihr) und die schnelle Vereinigung mit der BRD. Man hatten den verständlichen Wunsch nach Reisefreiheit und Bananen ;-).
Dass dann im Laufe der Vereinigung viele Härten zu ertragen war, war zu erwarten.
Sicher hat da Helmut Kohl viel zu viel versprochen - "blühende Landschaften".
Es ist ja auch auffallend, dass unter den Demonstranten die Generation 60+ zu dominieren scheint.

Auch intelligente Menschen in der DDR haben viele Probleme der Marktwirtschaft deutlich unterschätzt. Man sah nur das Positive, und wurde dann von den negativen Seiten überrascht.

In der DDR herrschte zwar Mangelwirtschaft. Man musste mehr als zehn Jahre auf ein Auto warten, begehrte Waren erhielt man nur im Rahmen der Tauschwirtschaft. Aber wer das Regime nicht offen in Frage stellte, hatte einen bombensicheren Arbeitsplatz. Egal, ob man Leistung gebracht hat, oder sich die ganze Woche nur verdrückt hat. Ich kann mich an die Aussage eines westlichen Journalisten kurz nach der Wende erinnern. Dem hatte vor der Wende ein Kombinatsdirektor erzählt, er hätte gerne zwei, drei Personen aus seiner Belegschaft gefeuert. Einfach nur, um abschrecken zu können.

Die komplette DDR-Wirtschaft stolperte völlig unvorbereitet in die Wende hinein. Die Absatzmärkte brachen komplett zusammen. Im Ostblock konnte man die Produkte nicht mehr absetzen, der Export in den Westen lohnte sich nur, weil die Produkte in Valuta bezahlt wurden, Rohstoffe und Personal aber mit DDR-Mark bezahlt wurden. Ein weiteres Trauerspiel war das Wirken der Treuhand. Aber woher hätten Massen kompetenter Manager auch kommen sollen? Für das Personal aus dem Westen war die DDR eine Black Box gewesen, Ost-Führungskräfte waren mit den Spielregeln im Westen nicht vertraut. Die meisten hatten zudem ein SED-Parteibuch und galten anders als die "Blockflöten" von der Ost-CDU, LDPD, Bauernpartei als "toxisch".

Schaut man sich an, wer für Pedida, AfD oder Wagenknecht auf die Straße geht, dann sind das vielfach Leute, die ein System mit der Sicherheit der DDR wollen, allerdings mit Mercedes, BMW oder wenigstens Volkswagen statt Trabi, Wartburg oder Lada. Mit Mallorca statt Erzgebirge oder Mecklenburger Seenplatte. Und mit Flachbildschirm statt Robotron-Röhrenglotze.


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