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Seit 2023 wandern wieder Menschen aus Ostdeutschland in den Westen ab (Politik)

Ulrich, Montag, 19.08.2024, 22:24 (vor 489 Tagen) @ Garum

> Die, die sich am meisten über den Abzug der Sowjets gefreut haben, sind heute deren glühensten Verteidiger .

Die Ablehnung des westeuropäischen Gesellschaftsmodells ist offenbar so stark, dass viele mit den kriminellsten Zeitgenossen wie z.B. Putin kollaborieren.


Kann ich leider so bestätigen viele die ich kenne im Alter zwischen 50 bis 70, wüschen sich ihre DDR zurück und dort war alles gut und toll. Man konnte bei den Russen einkaufen gehen und hat alles bekommen. Für 2 Flaschen Wodka haben die dir einen LKW Kohle vors Haus geschüttet. Ich könnte so kotzen, wenn ich das immer höre. Und wenn man dann anspricht das sie jetzt überall hinreisen können wo sie wollen, sagen sie das ging früher auch und war gar nicht so wie erzählt. Ich weiß nicht was mit denen in den Letzen 35 Jahren passiert ist aber es muss verheerend sein.


Nicht alle waren mit der DDR unzufrieden und gerade von den 50 -70 jährigen dürften einige in der SED auf kommunaler Ebene was zusagen gehabt haben. Die wurden damals von den Fleisch- und Macht Töpfen vertrieben worden sein. Die späte Rache.

Ich war in den Neunzigern viel im Osten unterwegs und hatte später in NRW Kollegen, die aus dem Osten kamen.

In der DDR gab es zwar kulturelle und enge wirtschaftliche Beziehungen zur UDSSR, aber am sichtbarsten war wohl die Rote Armee, die überall im Land präsent war. In den Neunzigern war es so, dass die meisten Leute mit denen ich gesprochen hatte, die sowjetischen Soldaten weder massiv ablehnten noch sehr mochten. Man hatte sich arrangiert. Vielen Leuten taten vor allem die Wehrpflichtigen leid. Man wusste halbwegs, dass die teilweise übelst geschunden wurden. Ich war auch in Kasernen, die erst vor kurzem geräumt worden waren und einmal in einer Offizierssiedlung, die noch von sowjetischen Militärangehörigen bewohnt wurde. Hevorragende Lage an einem See im nördlichen Brandenburg, die Häuser stammten wohl aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Ich vermute, das ganze war so etwas wie eine ehemalige Feriensiedlung.

Teilweise wirkte einiges komplett irre. Das Frauen-KZ Ravensbrück beispielsweise war nach 1945 eine Kaserne der Roten Armee. Angeblich hat man in eine -1945 nicht mehr fertiggestellte- Gaskammer später eine Küche gebaut. In den Villen der höherrangigen SS-Leute, die die Wachmannschaften befehligt hatten, wohnten bis zum Abzug die sowjetischen Offiziere. Und nach der Räumung hatte die Treuhand zunächst vor, diese Villen meistbietend zu verkaufen. Für die Verantwortlichen dort waren das nur normale Immobilien in hervorragender Lage am Wasser :-/

DDR-Nostalgiker habe ich damals nicht kennengelernt. Selbst ehemalige SED-Leute wussten um die Schwächen der DDR und waren teilweise froh, nicht mehr in das enge Korsett des Systems eingebunden zu sein. Aber eines hatten fast alle Leute gemeinsam. In der DDR hatten sie sich gut ausgekannt, sie wussten wie sie sich zu verhalten hatten. Die westlichen Spielregeln waren für sie komplett fremd, Westfernsehen war kein Ersatz für das echte Leben. Das führte zu einer seltsamen Mischung aus Aufbruchstimmung und Verunsicherung.

Die DDR war ein extrem bevormundender Staat. Aber wer sich halbwegs an die politischen Spielregeln hielt, wurde irgendwie mit durch geschleppt. Selbst diejenigen, die sich regelmäßig vor der Arbeit drückten, behielten ihre Jobs, auch Alkoholiker, etc. Arbeitslosigkeit war unbekannt. Ich kann gut nachvollziehen, dass der Bruch hin zur westlichen Leistungsgesellschaft von vielen als extremer Bruch empfunden wird.

Ich frage mich aber, was in den letzten Jahrzehnten wohl geschehen ist. Die Leute, mit denen ich Anfang der Neunziger zu tun hatten, hatten ein durchaus realistisches Bild von der UDSSR. Ich frage mich, woher kommt jetzt diese Idealisierung Russlands? Oder ist das teilweise auch eine unterschwellige Angst? Motto "Lieber Putin nicht reizen, dann lässt er uns in Ruhe!"?


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