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Viel Optimismus und einige Oberflächlichkeit (Politik)

Ulrich, Freitag, 01.11.2024, 18:52 (vor 62 Tagen) @ Fonzie

Und daher hoffe ich, dass es für Harris reicht. Der Puerto Rico-Incident könnte helfen. Definitiv hilft die Pro-Choice-Einstellung (Harris bei Frau 14% vor Trump), aber unterschätzt bitte nicht, wie schwach der Harris-Wahlkampf ist, wie wenig Momentum sie aufbauen konnte (nach dem TV-Duell hätte Trump politisch so tot sein müssen wie Biden), und wie groß der Vorsprung von Trump bei weißen Männern ist.


Ich fand ihren Wahlkampf nicht schwach. Sie hat aus der ungünstigen Situation, dass sie erst sehr spät und überraschend in die Kandidatinnenrolle gekommen ist, am Anfang extrem viel gemacht. Ich sehe es auch so, dass der Wahlkampf nach hinten raus, nicht ganz optimal war, aber nichtsdestotrotz stehen die Demokraten heute mMn deutlich besser da, als vor ihrer Nominierung.

Sie hat ein Problem, das auch jede andere Kandidatin oder jeder andere Kandidat der Demokraten gehabt hätte. Dieser Wahkampf ist in hohem Maße asymmetrisch. Auf der einen Seite ein Kandidat, der ein maligner Narzisst ist, der in erster Instanz zivil- und strafrechlich verurteilt wurde, der sich aber täglich Entgleisungen leisten kann, die jeden anderen aus dem Rennen katapultiert hätte. Und die Medien spielen dieses Spiel vielfach mit. Trump sorgt für Auflage, Trump sorgt für Einschaltquote. Auf der anderen Seite eine integere Kandidatin, gegen die täglich kübelweise Dreck ausgekippt wird. Und auch hier sind die Medien mit im Spiel. Sie legen hier vielfach deutlich zu strenge Maßstäbe an, wärend sie Trump gleichzeitig gewähren lassen.


Wenn man die Probleme in ihrem Wahlkampf analysieren will, sollte man aber auch den Wahlkampf der Republikaner in den Blick nehmen. Da gab es meiner Meinung nach deutlich mehr Probleme: Die Nominierung von Vance statt jemandem, der auch ein paar moderate Leute mitnehmen kann. Das verlorene TV-Duell und generell die Unfähigkeit, einen Wahlkampf, der komplett auf "Biden ist alt und hat nichts erreicht" ausgerichtet war, in irgendeiner Form auf Harris umzugestalten. Trumps zunehmend nachlassender körperlicher und geistiger Zustand. Und neben der total unnötigen Attacke auf Puerto Rico kommt dann noch die Aussage mit "Well, I'm going to do it, whether the women like it or not, I'm going to protect them".

Das ist das irrwitzige. Donald Trump baut objektiv betrachtet massiv ab, er hat im Wahlkampf schwere Fehler gemacht. Trotzdem schadet ihm das nach aktuellem Stand kaum bis gar nicht. Trump verunglimpft Militärveteranen und Gefallene des Krieges. Er bricht alle geltenden Regeln, indem er einen Auftritt auf dem Nationalfriedhof Arlington für Wahlkampfwerbung missbraucht. Trotzdem hat er bei Veteranen einen deutlich besseren Stand als Harris. Es sind nicht nur die Puertorikaner, gegen die gekübelt wird. Donald Trump hat auch die in die USA eingewanderten Venezolaner als Kriminelle diffamiert. Er hat sogar behauptet, er würde im Falle einer Wahlniederlage nach Venezuela auswandern. Dort gäbe es keine Kriminiellen mehr, die seien alle in den USA. Trotzdem unterstützten zumindest in Florida nicht nur sehr viel Kubaner, sondern auch sehr viele Venezolaner die Republikaner, die Demokraten sind für sie angebliche "Kommunisten" die mit den einheimischen Regierungen auf Kuba und in Venezuela unter einer Decke stecken würden. Hier scheint die Gehirnwäsche der Republikaner sehr gut gewirkt zu haben.

Die Demokraten versuchen die Fehler von Trump und seinen Leuten auszunutzen. Aber es wirkt, als sei der Mann mit Teflon beschichtet. Alles perlt an ihm ab. Jetzt scheint es so, als sei das Trump-Lager durch die Verunglimpfung von Puertoricanern und anderen Latinos deutlich zu weit gegangen, vor allem die Communitys der Puertoricaner sind extrem empört. Aber auch hier muss man abwarten, ob sich das ganze in Stimmen für Harris niederschlägt.


Trotzdem (oder gerade deswegen?) ist Trump (bzw. die GOP) nach wie vor populär bei Männern, da hast du Recht, auch wenn es nicht nur die weißen Männer, sondern auch schwarze und "Hispanics" sind. Bei der letzteren Gruppe wird es spannend, ob da am Ende die Aussagen zu PR entscheidender sind, als die Angst vor zu progressiver Politik mit einer Frau an der Spitze.

Bei den Latinos ist das definitiv der Fall. Wie sehr Trump bei den männlichen Schwarzen punkten wird, muss man abwarten. Vieles an Berichterstattung erscheint mir hier eher anekdotisch.

Mittlerweile werben die Demokraten auch um die Stimmen der Ehefrauen von ausgewiesenen Trump-Anhängern. Tenor: "In der Wahlkabine seid Ihr alleine, euer Mann sieht nicht, wo Ihr das Kreuz macht". Das ganze hat dann die von den Machern des Spots wohl auch gewünschten empörten Reaktionen des Trump-Lagers ausgelöst, eine Stimmabgabe für Harris sei so schlimm wie Ehebruch.

"Genauso schlimm wie eine Affäre" - US-Wahlwerbung mit Julia Roberts sorgt für Aufsehen (T-Online)

Man darf gespannt sein wie lange es dauert, bis die ersten Trump-Anhänger fordern, dass Frauen ihre Stimmabgabe für Trump gefälligst per Smartphone-Foto dokumentieren.


Eng wird es sicherlich werden. Die Tatsache, dass Trump und Vance zuletzt radikaler aufgetreten sind, deutet für mich eventuell darauf hin, dass sich in den internen Daten der GOP eine Niederlage abzeichnet und man eher auf das Scharfmachen der Basis für ein Anfechten des Ergebnisses setzt. Aber das ist letztlich auch Kaffeesatzleserei meinerseits.

Ich weiß es nicht. Für mich ist auf Basis der bisher vorliegenden Informationen nicht vorherzusagen, war gewinnt. Eines allerdings ist für mich klar, die Republikaner kalkulieren die Möglichkeit ein, dass Harris am Ende knapp vorne liegt, und dann werden sie wie schon vor vier Jahren alles in ihrer Macht stehende tun, um die Ergebnisse in ihrem Sinne zu manipulieren. Hoffentlich erneut ohne Erfolg.


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