schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
A- A+
schwatzgelb.de das Fanzine rund um Borussia Dortmund
Startseite | FAQ | schwatzgelb.de unterstützen
Login | Registrieren

ARD Doku: Wir waren in der AfD (Politik)

FourrierTrans, Freistaat Sauerland, Freitag, 19.01.2024, 21:30 (vor 704 Tagen) @ markus
bearbeitet von FourrierTrans, Freitag, 19.01.2024, 21:43

Wenn dich der Hundehaufen im Garten ärgert, wirfst du den Kackhaufen doch auch nicht in die Wohnung, um das Problem beheben zu können. Wenn ein Reifen platt ist, stichst du doch auch nicht die anderen drei Reifen zusätzlich kaputt. Wenn du Staus nicht magst, fährst du doch auch nicht mit voller Absicht in den nächsten Stau rein.


Das Beispiel geht aber in eine falsche Richtung. Die Reaktion, die das o.g. auslöst ist eine viel irrationalere, von Gefühlen geprägt, die des in die Ecke getriebenen Tieres. Oder Beispiel Industrie. Du hast ein Wendehalsmanagement, was von oben nach unten bestraft und wo nur so Aufstieg funktioniert. Die Eigentümer wollen die Bude verkaufen, der Vorstand wird daran mitverdienen und spricht hinter vorgehaltener Hand also Ziele aus, Personal abzubauen und alles wegzurasieren, was nicht bei drei auf dem Baum ist, damit die Kurse am Tag x gut stehen. Du hast ein Haus gebaut, stehst in der Kreide und eine Frau mit zwei Kindern und bist Abteilungsleiter. Es herrscht eine Krise in genau dem Industriezweig und die Arbeitnehmer haben größtenteils Einstellungsstopp. Getreu des Bundeswehrmottos herrscht dann "Scheiße fließt abwärts" und du hast die ehrenvolle Aufgabe, 2 Leute aus deinem Team ans Herz zu legen, sich was anderes zu suchen. Ungerecht, irrational weil das Geschäft gut läuft und man die Leute braucht, schwer zu erklären. Du weißt aber, was passiert, wenn du es nicht umsetzt (weil den nächsten Managementetagen nach oben genau diese Aufgabe in die Bonuszahlungen geschrieben wurde). Was machst du? Nach unten treten?


Der Vergleich hinkt. In der Wahlkabine ist jeder allein und die Wahl ist geheim. Das Druckszenario, zwingend CDU oder gar AfD wählen zu müssen, weil ansonsten Nachteile drohen, gibt es bei Wahlen nicht. Da kann jeder sein Kreuz dort machen, wo er will. Natürlich finden Abwägungen auch bei einer Wahl statt. Aber dass jemand so vernebelt ist und dann links und rechts nicht mehr unterscheiden kann, ist unwahrscheinlich. Wer rechts der Mitte wählt, hat nichts gegen Reiche, wohl aber gegen Arme und Ausländer. Die Meinung mag unter Beeinflussung zustande gekommen sein und irrational sein. Es ändert trotzdem nichts daran, dass diese Meinung da ist. Niemand, der das Problem der Vermögensungleichheit hoch priorisiert, wählt zur Lösung AfD. Es gibt derzeit einfach wenig Menschen, die dieses Problem tatsächlich als solches erkennen.


Das Druckszenario machen sich die Menschen hierbei selbst. Weil sie Angst haben etwas zu verlieren in einer Situation, bei der sie in den vergangen 1-2 Jahrzehten schon gemerkt haben, dass Kosten, auch für sie ganz persönlich, steigen. Die Ausfahrt rechts scheint da Schutzmechanismen anzubieten, die keine sind. Es geht auch gar nicht primär umd Reiche und Arme. Es geht dann um ganz pragmatische Dinge wie "die AfD sagt, mit uns fließt wieder russisches Gas, dann wird's auch für mich wieder günstiger". Da wird keiner dabei sein, der dem Albrecht eins auswischen will.


Das bestätigt doch aber meine These, dass das Thema Vermögensungleichheit keins ist, was die Masse aufregt. Die Leute haben eher die von dir genannten Themen in Kopf. Und nicht, dass Albrecht zu viel Geld hat, welches langsam mal umverteilt werden müsste.

Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass die meisten Menschen gar nicht wissen, wer in der Forbes Liste in den Top 10 ist und wie hoch deren Vermögen jeweils ist. Weiß ich auch nicht. Das ist doch für die meisten gar nicht greifbar. Den Leuten ist vollkommen egal, ob ein Albrecht 1 Milliarde, 10 Milliarden oder nur 100 Millionen besitzen würde. Er wäre für den Normalo in allen Fällen völlig unerreichbar und abartig reich. Wo wollte man da die exakte Grenzen ziehen?

Ja, absolut. Alles genauso. Das läuft im Unterbewusstsein ab. Die Vorstellung, dass die SPD oder Die Linke etwas an den eigenen Umständen ändern, ist halt in der Volksseele nicht mehr gegeben. Aber es ist ja auch so, dass wenn eine Menge x immer weniger Vermögen zur Verfügung hat, sich bei dieser Menge bestimmte Angstmuster durchsetzen. Wie gesagt, wählen würden die die SPD oder die Linke aus Überzeugung heraus eh nicht mehr, weil da überhaupt keine Vorstellung mehr da ist, das sich was ändern würde. Wäre mehr so "die habe ich schon immer gewählt".
WENN diese Menge x aber mehr Vermögen hätte und eine Grundsteuer, Versicherungen whatsoever gar nicht so hart ins Gewicht fallen würden, dann wäre auch diese Urangst des Verlierens nicht getriggert. Und ein großer Teil dieser Leute würde sagen "Gas? Ja gut, keine Ahnung, habe jetzt halt 'ne Wärmepumpe. Oder keine Ahnung woher das kommt, kost irgendwie ein bisschen mehr, merke ich aber nicht". Oder "Ach echt, die Bürgergeldempfänger kriegen 5% mehr? Ja, sind auch echt arme Seelen, ist schon gut so". Diese ganzen Argumente der AfD wären einfach irrelevant. Genauso wie die AfD selbst. Man würde halt wieder irgendwas bekanntes wählen, SPD, Union, Grüne. Wen man gerade so vom Aufreten her am sympathischsten findet. So wie die Deutschen "in guten Zeiten" immer gewählt haben. "Och der Helmut Schmidt, das ist ja ein Toller!".
So hat man jetzt aber eine Sozialdemokratie/Linke, die keine Relevanz mehr, bei der viele überhaupt gar nicht mehr wissen, wofür sie eigentlich stehen und eine neue Rechte, die hypothetische Schutzmechanismen anbietet. Dazwischen steht eine größerwerdende Menge X, der aufgrund von Vermögensungleichheit, Kosten zunehmend an die Gurgel gehen.


Antworten auf diesen Eintrag:



gesamter Thread:


1517364 Einträge in 16297 Threads, 14350 registrierte Benutzer Forumszeit: 23.12.2025, 21:47
RSS Einträge  RSS Threads | Kontakt | Impressum | Nutzungsbedingungen | Datenschutzerklärung | Forumsregeln