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GDL erläutert Hintergründe der Tarifauseinandersetzung (Sonstiges)

Bender B. Rodriguez, Düsseldorf, Dienstag, 23.01.2024, 10:44 (vor 97 Tagen) @ MarcBVB


(Da rächt sich halt auch immer wieder, dass wir die stärksten Schultern nicht angemessen an den Staatskosten beteiligen. Sinkende Spitzensteuersätze und fehlende Vermögenssteuern sind Gift für eine Gesellschaft.)


Lieber Scherben,

das halte ich für falsch. Und zwar gleich aus mehreren Gründen. Vorab: Ich zahle gerne Steuern. Aber starke Schultern tragen schon qua Progression deutlich mehr als Geringverdiener, die idR fast gar keine Steuern zahlen, §32a EStG.

Das führt dazu, dass eine Person X, die das dreifache Einkommen von Person Y hat, wahrscheinlich das fünffache an Steuern bezahlt. Also sowohl absolut als auch relativ mehr (das Beispiel ist selbstverständlich vereinfacht!). Das entspricht meiner Vorstellung von "starke Schultern müssen mehr tragen".

Theoretisch vielleicht. Man kann in der Rechnung nicht nur den reinen Einkommensteuersatz nehmen, denn das geht fehl, solange es genug Schlupflöcher gibt, den effektiven Steuersatz bzw. die Last zu drücken. Würden alle die Steuern zahlen, die sie sollten, hätten wir das Problem vielleicht nicht in dem jetzigen Ausmaß (abgesehen von der Ineffizienz des Staates). Ich bezweifle sehr arg, dass hier der "gerechte" Steuersatz gezahlt wird. Die Schlupflöcher müssen auch bei Firmen weg. Danach kann man sich immer noch fragen, ob ein Mensch mit x Millionen EUR Einkommen wirklich seine letzte Million mit einem Steuersatz unter 50% besteuert sehen muss. Offen gesagt, wäre ich da nicht abgeneigt, den Satz anzuheben. Aber gut, das wäre Abstimmungssache in Wahlen.

Die Vermögenssteuer ist halt kompletter Unfug. Zum Einen widerspricht sie bereits dem Leistungsprinzip, was sie hochgradig ungerecht macht. Zum anderen kannst du sie kaum verfassungskonform ausgestalten, gerade dann, wenn Betriebsvermögen nicht erfasst werden soll und der Ertrag wäre relativ gering (man schätzt maximal 20 Mrd, wobei man die Bürokratie noch nicht in der Rechnung hat). Und du schaffst dir noch viele wunderschöne Probleme, die mit Stichtagsregelungen zu tun haben. Kenne ich aus meinem Beritt, wenn es um Zugewinn geht. Wir machen ein ganz praktisches Beispiel.

Dein Vermögensberater hat dir vor dem Crash von Wirecard geraten, größere Summen in Aktien von Wirecard anzulegen. Du bist dem gefolgt. Der Stichtag für die Vermögenssteuer ist vor dem Crash. Nach dem Crash kannst du vom Nennwert der Aktien nicht einmal die Steuer bezahlen.

Aktien sind Spekulation und das ganz eigene individuelle Problem. Wenn sich das dann mit der Vermögenssteuer beißt, würde man auch dafür noch eine Korrektur finden, aber sonst: shit happens.
Wenn es keine Vermögenssteuer sein soll, dann muss an die Erbschaft ran. Ich bin auch ein Fan von Leistungsprinzip und keiner doppelten Besteuerung (Einkommen, dann Erbe), aber gesellschaftlich läuft die Vermögensverteilung komplett aus dem Ruder. Wir müssen was ändern.

Wenn derart wenige Menschen so viel Vermögen besitzen (in Deutschland und weltweit) ist das für eine Gesellschaft nicht zuträglich, da es zu viel Macht bedeutet. Und die wird auch ausgenutzt, was eben ein Problem bedeutet, dass größer ist, als ein Steuersatz von 40% oder 41%.

Und die Probleme bei der Bewertung von Immobilien, Betrieben, etc. haben wir noch überhaupt nicht erwähnt. Deswegen lehnen viele Ökonomen eine Vermögenssteuer ab (Ausnahmen sind Kemfert und Fratzscher, die sich aber aus dem Kreise der Seriösität schon länger verabschiedet haben).

Ja, Kemfert ist in der Tat harter Tobak. Die ist bei uns Ökonomen nicht gerade unumstritten. Gerade bei ihren EEG-Berechnungen damals hat sich die Frau in meinen Augen arg verrannt. Wundert mich, dass sie immer noch so sehr hofiert/geschätzt wird.


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