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Frage: Zusammenfassung Quellen Corona + Impfung? 1/2 (Corona)

Reviewer, Montag, 09.08.2021, 13:23 (vor 992 Tagen) @ Schnappi

Aus Abend wurde Mittag, mea culpa.

Die Linksammlung ist im nächsten Post und deckt zwei Themen ab. Nutzen und Risiken. Alle Quellen hinter den Links enthalten was zu Risiken, viele auch zu Nutzen. Fast alle beziehen sich nur auf einen Impfstoff, weil Nutzen und Risiken arzneimittelspezifisch sind.

Ohne Hintergrund zum Verständnis der Quellenauswahl geht's leider nicht. Entkräftet hoffentlich auch einige mögliche Einwände Deines Freundes.

Du wolltest am besten niet- und nagelfeste Publikationen. Publikationen haben ihre Daseinsberechtigung, aber mehrere Schwächen. Wenn Dein Freund wissenschaftliche Studien lesen kann oder selber mal was veröffentlicht hat, wird er einige davon kennen.
Es folgt, warum ich Publikationen für Risiken ignoriere. Zum Nutzen hier nur so viel: Bei Publikationen zur Wirksamkeit schaue ich nicht zuerst auf Ergebnisse und Schlussfolgerungen, sondern Studiendesign, Methodik, Definitionen, Durchführung (wie, wer, wo, Kontrolle). Das ordnet vieles schon ein.

Für aktuelle Informationen zu Risiken eines Arzneimittels und ihrer Einordnung sind Zulassungsbehörden-Webseiten die allererste Adresse. Denn das ist ihr Hauptjob: Laufend Nutzen-Risiko-Bewertungen auf Grundlage sich ändernder Erkenntnisse vorzunehmen.
Ich höre Deinen Freund förmlich lautstark protestieren, sage ihm aber: Relax and hear me out.

Das Sicherheitsprofil eines Wirkstoffs bzw. Arzneimittels ist gerade anfangs sehr dynamisch. Es gibt für Studiensponsoren, Zulassungsantragssteller und -inhaber umfangreiche Berichts-, Bewertungs- und Handlungspflichten. Vor und während Studienantragsverfahren, während und nach Studien, vor Zulassung, während des Zulassungsverfahrens, nach Zulassung. Daten kommen aus jeder Art von Studien (klinische Phase I-IV, aber auch Präklinik) und ihren Berichten (meist Clinical Study Reports, also keine Publikationen. Bei Zulassung auch aus verschiedene Overviews und Summaries), aus Registern, Krankenkassen- und anderen Datenbanken, Verdachtsfallmeldungen, Fachliteratur usw. Um sicherzustellen, dass sie das auch tun, gibt's verschiedene Maßnahmen, z.B. Inspektionen.

Behörden screenen, analysieren, bewerten selbst natürlich auch und ordnen Maßnahmen an. Informieren darüber die Öffentlichkeit zum und ab Zulassungszeitpunkt (FDA manchmal auch unmittelbar vor Zulassungsentscheidung). In der EU sind das mit einigem Umfang vor allem Assessment Reports und Risk Management Pläne. Wer zum ersten Mal da reinguckt, ist oft ein bisschen "lost". Melde Dich, falls Du Orientierungshilfe möchtest, wo Du anfangen solltest zu lesen.
Aktuelle Risiko-Entwicklungen in der EU verfolgt man am besten durch Lesen der monatlichen PRAC Highlights.

Go-to spot fürs aktuelle Risikoverständnis sind aber die Schlussfolgerungen für die Anwendung am lebenden Objekt, in praxisrelevanten Häppchen in der "Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels" dargelegt, in Deutschland genannt "Fachinformation". Informationen in 4.8 in Verbindung mit 4.3 und 4.4 werden wahrscheinlich das sein, was Deinen Freund am meisten interessiert.

Bei Erkenntnisgewinn werden Fachinformationen geändert (z.B. Anwendungsgebiet, Gegenanzeigen, Warnhinweise), falls notwendig werden Rote Hand-Briefe und Patientenaufklärung angeordnet.

In den ebenfalls verlinkten Übersichten der Änderungen nach Zulassung kannst Du tabellarisch sehen, was wann geändert wurde. Monatliche Safety Updates pro COVID-Impfstoff fassen aktuelle Entwicklungen seit dem letzten Report für Laien zusammen.

Behörden gucken außerdem über den Horizont des einzelnen Arzneimittels und ihren eigenen Wirkungsradius hinaus. Weil sie wissen, was bei Arzneimitteln derselben Klasse sicherheitsprofilmäßig los ist, wird arzneimittelübergreifend geschaut. Außerdem tauschen sie sich mit anderen Behörden aus z.B. FDA, MHRA (UK), Swissmedic, PMDA (Japan), Health Canada, TGA (Australien).

Ein Beispiel aus der Praxis, dass das System funktioniert: Aufgrund nur 6 gut dokumentierter Fälle von Kapillarleck-Syndrom wurde das als Gegenanzeige und ein Rote-Hand-Brief angeordnet. Bei einer Berichtsrate von geschätzt 1 von >5 Millionen verabreichten Dosen.

Empfehlenswert ist auch ein Blick in FDA-Dokumente. Es gibt viele Gemeinsamkeiten mit der EMA, aber auch einige Unterschiede. Was sich anzugucken lohnt sind falls vorhanden FDA Briefing Documents (veröffentlicht vor Zulassungsentscheidung im Fall von Advisory Committee Meetings). Bei Zulassung sind es Prescribing Information (Label) und Reviews, bei Emergency Use Authorizations Fact Sheets for Healthcare Providers, EUA Review Memoranda und ihre Änderungen.

Sehr informativ sind für COVID-19-Impfstoffe auch Safety Updates, die Tom Shimabukuro vom CDC (Pendant zum RKI) für ACIP Meetings (ACIP-Funktion vergleichbar mit der der StiKo) macht. Entweder nach seinen pdfs googeln oder auf der ACIP Meeting Seite unter Meeting Materials gucken, bei welchen er was präsentiert hat.

Wenn Dein Freund gerne tiefer gräbt und sehr viel Zeit hat, kann ich ihm noch Links mit ausführlichen Informationen zu juristischen Grundlagen von Arzneimittelsicherheit vor und nach Zulassung und ihrer Umsetzung in die Praxis zusammenstellen.

Die Linksammlung kommt im nächsten Post.


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