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Verdacht: Bremer Bundespolizist veröffentlichte Haftbefehl (Sonstiges)

Matse, Donnerstag, 30.08.2018, 16:26 (vor 2675 Tagen) @ Fair Play

Ich erwarte, dass das Innenministerium die korrekte Handlungsweise an den Tag legt, damit man nicht aus reiner Profilierungssucht auf die Schnauze fällt. Politiker/Staatssekretäre/Ministerialbeamte, die aus rein politischen Erwägungen bestimmte Schritte einleiten, haben wir bereits genug. Und das unabhängig davon, ob es gegen Sami A. oder einen rechtsgerichteten Politiker geht.

Durch Urteil einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr endet das Beamtenverhältnis kraft Gesetz (§ 41 BBG). Dumm nur, dass § 353d StGB eine Freiheitsstrafe von maximal einem Jahr vorsieht.

Darüber hinaus kann das Beamtenverhältnis nach Abschluss eines Disziplinarverfahrens stehen. Das Disziplinarverfahren kommt bei dienstlichen Pflichtverletzungen (Dienstvergehen) zum Tragen bzw. bei außerdienstlichem Fehlverhalten, wenn "die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen." Als Mitglied der Bremer Bürgerschaft wird Herr Timke zudem Immunität genießen und glaubhaft machen können, dass seine Äußerung im politischen Kontext zu bewerten seien und nicht sein ruhendes Beamtenverhältnis tangieren.

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis stellt übrigens die höchste Form der disziplinarischen Maßnahme dar. In diesem Fall würde es mich wundern, wenn das Verwaltungsgericht mehr als einen Verweis oder eine Kürzung der Dienstbezüge als gerechtfertigt betrachten würde - das wird aber auch von der dienstlichen Historie des Bundespolizisten abhängen.

Bei der Nummer wird nix herauskommen. Außer womöglich eine Geldstrafe aufgrund der strafrechtlichen Regelungen.


Und du bist dir sicher, dass die höchste Form der Disziplinierung in dieser Sachlage unangemessen erscheinen würde? Wenn ich bspw. einen (Erzwingungs)Haftbefehl aus einem Bußßgeldverfahren auf Facebook poste, buchte ich den Beamten natürlich nicht sofort ein, der kommt dann zu Stromberg ins Archiv.

Wenn ich aber so doof (oder motiviert) bin, wissentlich in einer komplett ungeklärten Tötungssache während einer aufgeheizten politischen Stimmung, die Richterin, Mitarbeiter und Angeklagten der Öffentlichkeit zum "Abschuss" freizugeben, dann würde ich mich nicht mehr alleine aufs Archiv oder eine Geldstrafe verlassen.

So ein wenig Spielraum hat man da also schon noch.

Um die Frage zu beantworten: Sicher? Auf keinen Fall. Ich habe mal kurz die Rechtsprechung bemüht.

Gegen den Beamten sprechen sein Status als Polizeibeamter, damit sollte ihm klar sein, dass derartige Unterlagen strafbewährt nicht zu veröffentlichen sind. Das kann natürlich auch mit einem Vertrauensverlust für ein zukünftiges Wohlverhalten einhergehen. Bei der Prognose gilt es dann, das Persönlichkeitsbild des Beamten in Gänze zu betrachten. Dazu würde auch das Verhalten nach der Tat gehören (z. B. wurde das Bild also bereits eigenständig gelöscht). Ansonsten: Lag Augenblickversagen vor oder passt das Verhalten ins Gesamtbild?

Zur Einordnung:
Bayerischer VGH (16b D 09.2749) - außerdienstlicher Mißbrauch von Kindern, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bejaht
VG Berlin (85 K 5.10 OB) - mehrfacher Briefmarkendiebstahl (>6.500 €) durch einen Postbeamten, Entfernung bejaht
OVG Schleswig-Holstein - Briefdiebstahl eines Postbeamten, Entfernung bejaht
VG Wiesbaden (25 K 1066/13.WI.D) - kinderporn. Schriften auf dem Dienstrechner, Entfernung bejaht
Bayerischer VGH (16b D 13.778) - Unterschlagung von Nachnahmeentgelt, Entfernung bejaht
Bayerischer VGH (16b D 13.993) - Briefdiebstahl, schwierige Lebensphase, stabilisierte Suchterkrankung, keine Entfernung
VG Saarland (4 K 935/15) - Beihilfebetrug (10.000 €), schwierige familiäre Phase, keine Enrfernung
BVerwG (2 C 13/10) - außerdienstl. Besitz kinderporn. Schriften, Revision gegen die Entfernung stattgegeben, an die Berufungsinstanz zur Neubewertung zurückverwiesen

Hier haben wir einen Mandatsträger, dem in der politischen Auseinandersetzung ggf. auch mehr zugebilligt wird (und der sich dann nach Aufhebung der Immunität strafrechtlich verantworten muss). Den direkten Vertrauensverlust für das Dienstverhältnis als Polizist (das derzeit ruht) sehe ich nicht in der Eindeutigkeit.

Daher würde ich für eine niedrigere Stufe plädieren. Nichts mögen diejenigen, die den Rechtsstaat abschaffen mehr, als genau diesen Staat vor Gericht zu besiegen. Diese Chance würde ich dem Kerl nicht einräumen.


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