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Rednerin in Köthen an Linke: "Ihr werdet brennen" (Sonstiges)

Ulrich, Mittwoch, 12.09.2018, 22:06 (vor 2662 Tagen) @ Chappi1991

Ja, da hast du natürlich völlig recht. Aber es ist doch schon auffällig, dass die ehemaligen Ostblockländer dermaßen anfällig für faschistische Rattenfänger sind (Polen, Ungarn, auch Russland und eben die ehemalige DDR). Und ich bin mir ziemlich sicher, dass diejenigen in diesen Ländern, die damals für die Freiheit gekämpft haben und auf die Straße gegangen sind, nicht deckungsgleich mit den Gestalten sind, die jetzt diese Freiheit missbrauchen, um ihre braune Ideologie zu verbreiten. Ganz davon abgesehen, dass natürlich auch etliche von dieser Seite des ehemaligen Schutzwalls jetzt dort ihr braunes Süppchen mitkochen.


Natürlich sind das in der Mehrheit andere Leute. Zudem muss man sich grundsätzlich auch mal klar machen, dass 40 Prozent der DDR-Bevölkerung heute schon tot sind. Man vergisst leicht, dass schon viel Jahre vergangen sind. Menschen, die in damals in einem Alter waren, in denen man politisch tätig ist, und es heute sind - diese Gruppen dürften sich sogar noch klarer voneinander unterscheiden.

Grundsätzlich waren es andere Gruppen von Menschen, die damals bzw. heute aktiv sind. Es gibt aber auch solche Fälle wie Vera Lengsfeld zum Beispiel.

Ich glaube schon dass das teilweise eine Frage der Sozialisation ist, dies soll aber keine Entschuldigung, sondern nur eine Erklärung sein. Besonders problematisch erscheint mir dass hier gesellschaftliche relevante Kräfte nicht gegengesteuert haben. Statt dessen stellte man sich vielfach auf dem rechten Auge blind.

Man sollte nicht vergessen dass die Erfahrungen mit einem demokratischen System in Osteuropa sehr lange zurück liegen. Bestenfalls gab es vor dem Beginn des zweiten Weltkriegs demokratische Strukturen an die man irgendwie anzuknüpfen versuchen konnte wie z.B. in der Tschechoslowakei. In Ostdeutschland endete das letzte demokratische System vor 1989 1933. Und in Staaten wie Ungarn oder Polen entstanden bereits bald nach dem Ende des ersten Weltkriegs autoritäre Systeme.

Von der Bevölkerungsstruktur her waren die meisten Staaten des ehemaligen Ostblocks recht homogen. Die jüdische Minderheit ist im zweiten Weltkrieg von den Deutschen weitgehend ermordet worden, Überlebende sind nach dem Ende des Krieges vielfach geflohen und z.B. nach Israel oder in die USA ausgewandert. Deutsche Minderheiten wurden direkt nach dem zweiten Weltkrieg vertrieben oder sind später als Spätaussiedler in die Bundesrepublik gekommen. Was blieb waren in vielen Staaten Roma und in der DDR die Sorben. Migration kannte man nicht, man blieb (vielfach gezwungenermaßen) im eigenen Heimatland. Und wenn Arbeiter z.B. aus Kuba oder Vietnam etwa in die DDR kamen, dann wurden diese "kaserniert" und vielfach auch schikaniert.

Dann kam die Wende, und die fest gemauerte Welt der damals Erwachsenen brach in sich zusammen. Dies beeinflusste vielfach auch diejenigen die damals Kinder oder Jugendliche waren. Sowohl im Elternhaus als auch in der Schule in der Lehrerinnen und Lehrer die noch kurz zuvor stramme Sozialisten gewesen waren plötzlich zu "Musterdemokraten" mutierten - oder mutieren mussten.

Ich habe vor recht kurzer Zeit ein Interview mit einem ehemaligen Bürgerrechtler gelesen der selbst ganz eindeutig Position gegen die AfD bezieht. Allerdings meinte er dass die Gruppe der Bürgerrechtler in der DDR recht inhomogen war. Wer damals gegen das DDR-System war, der war nicht unbedingt gleichzeitig auch für eine liberale Demokratie. Zudem schmerzt es die Bürgerrechtler in der Regel zu recht dass sie weitgehend vergessen sind und man sich an sie nur bei einigen wenigen Feiern erinnert.


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