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Wahlgleichheitsgrundsatz (Politik)

markus, Samstag, 18.03.2023, 14:55 (vor 398 Tagen) @ tim86
bearbeitet von markus, Samstag, 18.03.2023, 14:59

Es spricht aber erstmal dafür. Denn wenn eine solche Regelung betriebsverfassungsrechtlich nicht gegen Art. 3 Abs. 3 GG verstößt, warum soll dies dann bei der Bundestagswahl anders sein?


Weil der beanstandete Artikel nicht der Art. 3 ist sondern Art. 38, der die Gleichheit der Wahl festlegt.

https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/frauenquote-parlament-wahlrecht-selbstbestimmung/

An der Stelle noch einmal ein Einwurf. Der von dir genannte Wahlgleichheitsgrundsatz gilt als ungeschriebenes Verfassungsrecht auch bei Betriebsratswahlen. Das kann also nicht der entscheidende Unterschied sein. Das BAG geht ganz ausführlich darauf ein. Kurz: Das Gleichberechtigungsgebot aus Art. 3 GG rechtfertigt demnach, Nachteile, die typischerweise Frauen treffen, durch begünstigende Regelungen auszugleichen. Außerhalb des Arbeitsrechts gibt es vom BVerfG noch keine Entscheidung dazu.

Auszug ab Randnummer 31

[31] Der Wahlgleichheitsgrundsatz gilt nicht nur für das Bundestagswahlrecht und für das Wahlrecht in den Ländern, Kreisen und Gemeinden (Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG), sondern als ungeschriebenes Verfassungsrecht auch für sonstige politische Abstimmungen (BVerfG 23. März 1982 – 2 BvL 1/81 – BVerfGE 60, 162 = AP GG Art. 3 Nr. 118, zu B I und II der Gründe). Hierbei lässt die von der grundsätzlichen Gleichheit aller Staatsbürger geprägte formale Wahlrechtsgleichheit Differenzierungen nur zu, wenn sie durch einen besonderen zwingenden Grund gerechtfertigt sind (BVerfG 29. September 1990 – 2 BvE 1/90 – BVerfGE 82, 322, zu B I der Gründe; 11. Oktober 1972 – 2 BvR 912/71 – BVerfGE 34, 81, zu C I 1 der Gründe). Das erfordert allerdings nicht, dass sich die vorgenommenen Differenzierungen von Verfassungs wegen als zwangsläufig oder notwendig darstellen müssen. Es reicht vielmehr aus, dass die für die Differenzierung maßgeblichen Gründe durch die Verfassung legitimiert und von einem Gewicht sind, das der Wahlrechtsgleichheit die Waage halten kann (BVerfG 10. April 1997 – 2 BvC 3/96 – BVerfGE 95, 408, zu B I 2 a der Gründe).

[32] bb) Das Bundesverfassungsgericht hat bisher ausdrücklich offen gelassen, inwieweit diese für politische Wahlen und Abstimmungen entwickelten Grundsätze auf Wahlen außerhalb dieses Bereichs anzuwenden sind. Auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialwesens hat es sie auf die Wahlen zu den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherung (24. Februar 1971 – 1 BvR 438/68 ua. – BVerfGE 30, 227 = AP GG Art. 9 Nr. 22), zu Personalvertretungen (23. März 1982 – 2 BvL 1/81 – BVerfGE 60, 162 = AP GG Art. 3 Nr. 118 zum Bremischen PersVG 1974; 16. Oktober 1984 – 2 BvL 20/82 und – 2 BvL 21/82 – BVerfGE 67, 369 = AP BPersVG § 19 Nr. 3 zum BPersVG 1974) und zu den Vollversammlungen der Arbeitnehmerkammern im Land Bremen (22. Oktober 1985 – 1 BvL 44/83 – BVerfGE 71, 81 = AP GG Art. 3 Nr. 142) angewandt. Danach richtet sich der Grad der zulässigen Differenzierungen auch bei Wahlen im Bereich des Arbeits- und Sozialwesens nach der Natur des jeweils in Frage stehenden Sachbereichs. Er lässt sich nicht losgelöst vom Aufgabenkreis der zu wählenden Repräsentationsorgane bestimmen (22. Oktober 1985 – 1 BvL 44/83 – aaO, zu C I 3 der Gründe). Einschränkungen der formalen Wahlrechtsgleichheit können sich insbesondere aus Zweck und Zielsetzung der betreffenden Wahl rechtfertigen (BVerfG 23. März 1982 – 2 BvL 1/81 – BVerfGE 60, 162 = AP GG Art. 3 Nr. 118, zu B I und II der Gründe).

[33] cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Einschränkungen der formalen Wahlrechtsgleichheit, die mit der in § 15 Abs. 2 BetrVG, § 4 Abs. 1 Satz 2 WahlO Post vorgeschriebenen Mindestquote für das Geschlecht in der Minderheit und der nach § 6 Nr. 9 Buchst. e WahlO Post anzuwendenden Verfahrensregelung in § 15 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 WO verbunden sind, gerechtfertigt.

[34] Die durch § 15 Abs. 2 BetrVG, § 4 Abs. 1 Satz 2 WahlO Post zwingend vorgegebene Mindestquote für das Geschlecht in der Minderheit und die Regelung in § 15 Abs. 5 Nr. 2 Satz 1 WO bewirken zwar eine Einschränkung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl, weil die Zusammensetzung des Betriebsrats nicht ausschließlich von dem bei der Wahl erzielten Stimmenverhältnis, sondern auch vom Geschlecht der Wahlbewerber abhängt. Die Durchsetzung der Mindestquote bei der Sitzverteilung kann zu Beeinträchtigungen des aktiven Wahlrechts führen, weil die Wählerstimmen uU nicht den gleichen Erfolgswert haben. Außerdem kann das passive Wahlrecht beeinträchtigt werden, weil ggf. einem Bewerber des Geschlechts in der Minderheit gegenüber einem Bewerber des Geschlechts in der Mehrheit, der eine höhere Stimmenzahl erreicht hat, der Vorrang eingeräumt werden muss. Diese Einschränkungen der formalen Wahlrechtsgleichheit sind jedoch im Hinblick auf die Funktion und die Aufgaben des Betriebsrats gerechtfertigt, da sie der Verwirklichung des Gleichberechtigungsgebots des Art. 3 Abs. 2 GG dienen.

[35] (1) Art. 3 Abs. 2 GG stellt ein Gleichberechtigungsgebot auf und erstreckt dieses auch auf die gesellschaftliche Wirklichkeit. Das ist durch die Anfügung von Satz 2 in Art. 3 Abs. 2 GG ausdrücklich klargestellt worden (BVerfG 18. November 2003 – 1 BvR 302/96 – BVerfGE 109, 64 = AP MuSchG 1968 § 14 Nr. 23, zu C 3 a der Gründe mwN; 24. Januar 1995 – 1 BvL 18/93 – BVerfGE 92, 91, zu B I 1 der Gründe). Hierdurch soll die Durchsetzung der Gleichberechtigung der Geschlechter gefördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hingewirkt werden (18. November 2003 – 1 BvR 302/96 – aaO, zu C 3 a und b aa der Gründe). Das Gleichberechtigungsgebot berechtigt den Gesetzgeber, faktische Nachteile, die typischerweise Frauen treffen, durch begünstigende Regelungen auszugleichen (24. Januar 1995 – 1 BvL 18/93 – aaO, zu B I 1 der Gründe).

Hier gehts weiter https://lexetius.com/2005,1754


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