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Was ist eigentlich Putins Plan? (Sonstiges)

Ulrich, Sonntag, 13.02.2022, 09:55 (vor 765 Tagen) @ Fisheye

Putin hat mehr als 100.000+ Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. WIll Putin wirklich die Ukraine in Schutt und Asche bomben? Glaubt Putin die wirtschaftliche Zwergnation Russland kann Krieg, Besatzung und WIederaufbau finanzieren? Wenn 40 % des Staatshaushalt wegbrechen weil West-Europa kein Gas mehr kauft und die USA kein Öl mehr kaufen? Dann kann Russland in kürzester Zeit Staatsbankrott erklären. Kann natürlich sein das China dann mehr Rohstoffe kauft aber das China mal eben Europa und die USA komplett substituieren kann sehe ich nicht. Außerdem glaube ich nicht das die Chinesen einen Vollständig freidehenden Atomwaffenstaat so geil finden.

Und dann stehen die Russen an der Grenze mit Polen. Spätestens wenn die ersten Drohnenaufnahmen zerbombter Ukrainischer Städte auftauchen redet doch keiner mehr von 2 % Verteidigunghaushalt des BIP, sondern von 4 - 5 %. Für den Fall einer Russichen Invasion der Ukraine gäbe es dafür sogar politische Merheiten. Ein solchen Wettrüsten haben die Russen vor 40 Jahren schon verloren, sie würden es auch dieses mal verlieren.

Ich glaube, genau die gleiche Frage stellt man sich auch in Washington, in London, in Paris, in Berlin, in Warschau, etc.

Schon nach der Invasion im Donbass und der Besetzung der Krim gab es Stimmen, nach denen Putin sich mit einem kleinen Kreis von Einflüsterern und Speichelleckern umgeben würde. Von echter Expertise sei er weitgehend abgekoppelt, die Informationen der russischen Experten würden höchstens stark gefiltert durchdringen.

Bei so einem Szenario ist es durchaus möglich, dass die Idee einer Ukraine-Invasion in einer Blase geboren wurde. Vergessen darf man nicht, dass die Besetzung der Krim völlig ohne ukrainische Gegenwehr erfolgte, und im Donbass war vor allem leicht bewaffnete Infanterie im Einsatz. Für einen weiten Vormarsch fehlten die geeigneten Fahrzeuge und schwere Waffen. Ich kann mir durchaus vorstellen dass man geglaubt hat, man muss nur genügend Truppen zusammenziehen, dann kann man einfach ohne nennenswerte Gegenwehr in die Ukraine einmarschieren und die Macht übernehmen. Man setzt anschließend eine Marionetten-Regierung ein. Die wird vom Westen anerkannt, Fall erledigt.

Die Süddeutsche schreibt heute hinter der Paywall, Putin würde mittlerweile eventuell in der selbst gestellten Falle sitzen. Seit über einem halben Jahr läuft in Russland der vermutlich größte planmäßige Aufmarsch seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Man stellt die Frage, ob Putin das ganze jetzt überhaupt noch ohne großen Gesichtsverlust bei seiner Kamarilla und dem Militär abblasen kann.

Das, was die USA und Großbritannien seit einigen Tagen tun, ist eigentlich völlig unüblich. So etwas birgt normalerweise die Gefahr, dass man hierdurch zur Eskalation beiträgt. Die Süddeutsche geht allerdings davon aus, dass man der Meinung sei, nur so könne man die Leute hinter Putin sowie den Sicherheitsapparat in Moskau erreichen. Kontakte ausschließlich auf der diplomatischen Ebene würden wirkungslos verpuffen. Das ganze sei Teil einer mit den Nato-Partnern und der EU abgestimmten Strategie.


Ich kann mir kein Szenario vorstellen bei denen die Invasion der Ukraine Russland besser dastehen lässt.

Ich auch nicht. Aber man muss versuchen, sich in Putins Kopf hinein zu versetzen. Und der glaubt vermutlich, er sei den westlichen Staatsführern weit überlegen. Aus seiner Sicht hat er in der Vergangenheit alles richtig gemacht. In Russland sitzt er fester im Sattel denn ja. Alle, die ihm irgendwie gefährlich werden könnten liegen auf dem Friedhof oder sitzen im Gulag. Die Krim und die Donbass konnte er weitgehend problemlos einkassieren. Die bisherigen westlichen Sanktionen stören ihn und seine Freunde nicht sonderlich. Man scheffelt trotzdem weiter Milliarden. Der Westen kauft noch immer russisches Gas und russisches Erdöl ein. Insbesondere Deutschland hat aus der Aggression Russlands gegen die Ukraine keinerlei Schlüsse für seine Energieversorgung gezogen, verantwortlich hierfür sind SPD, CDU und CSU gemeinsam. Russland hat seinen Marktanteil in den letzten Jahren ausbauen können, letztlich sind wir von russischem Gas abhängiger denn je. Während andere Staaten wenigstens CNG-Terminals in ihren Häfen gebaut haben, ist Deutschland hier komplett tatenlos gewesen. Man hat es ähnlich wie Österreich sogar zugelassen, dass Gazprom sich in die nationale Gas-Infrastruktur eingekauft hat. Gazprom gehören mittlerweile die meisten deutschen Gasspeicher. Die Bundesregierung hat hier zudem versäumt, irgend welche Regeln aufzustellen. Es gibt keinerlei Vorgaben für Mindestfüllstände vor dem Winter, für Mindestreserven oder ähnliches. Die Russen haben diese Speicher vor dem Winter nicht mehr vernünftig aufgefüllt, es wurden "Wartungsarbeiten" an Pipelines vorgeschoben. Und vor einigen Tagen konnte man lesen, dass z.B. der größte deutsche Speicher, der ein Fünftel der gesamten Speicherkapazität zur Verfügung stellt, mit weniger als vier Prozent Gas befüllt ist. Bei anderen Speichern sieht es nicht wesentlich besser aus. Entgegen gekommen ist Russland dabei, dass sich immer mehr Gasanbieter vorwiegend auf dem Spot-Markt eingedeckt haben, statt sich am Markt langfristig abzusichern. So musste man noch nicht einmal Verträge brechen. Man hat einfach anders als in der Vergangenheit kein zusätzliches Gas für den Spot-Markt zur Verfügung gestellt. Und das trotz eines extrem stark angestiegenen Preisniveaus.

Putin will sich jetzt vermutlich des von ihm selbst verursachten "Problems" Ukraine entledigen. Gleichzeitig glaubt er, Deutschland und andere EU-Staaten in der Hand zu haben. Und kurz- bis mittelfristig hat er damit was die Gasversorgung angeht teilweise sogar recht. Er versteht aber nicht, dass die Gasversorgung nicht alles ist und dass er mit einer Invasion jedwede Grenze überschreiten würde.


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